360-Grad-Videos oder Virtual Reality?
Im Gegensatz dazu bieten hochwertige "All-in-one"-Brillen von Bytedance (Pico 4), HTC (Vive XR Elite) und des Meta-Konzerns, der Ende Okober sein Flagship Quest in der dritten Generation auf den Markt bringt, eine beeindruckende Grafikqualität, kabellose Freiheit und eine umfangreiche Auswahl an Anwendungen, die ein tieferes Eintauchen in virtuelle Welten ermöglichen.
Die Handy-Karton-Kombination kann für Neulinge attraktiv für eine erste Erfahrung mit 360-Grad-Bildern und -Videos sein. Doch die High-End-Modelle setzen schon heute neue Maßstäbe für die VR-Welt bei virtuellen Trainings, in der Planung von Räumen und Fertigungen, sowie als Vertriebs- und Marketingtools für unterschiedlichste Produkte. Doch wo genau liegt der Unterschied und warum entscheiden sich immer mehr für die Vorteile der voll immersiven Virtual Reality-Anwendungen?
Während auf den ersten Blick VR-Szenen und 360-Grad-Aufnahmen selbst in den heute gängigen VR-Brillen, die nur noch ein paar Hundert Euro kosten, ähnlich wirken, wird der entscheidende Unterschied deutlich, sobald man sich im virtuellen Raum bewegen möchte: Denn der 360-Grad-Blick wird von einem festen Standpunkt aus aufgenommen. Dadurch ist es nur möglich, sich von genau diesem einen Punkt im Raum auf einer festgelegten Blickhöhe aus umzusehen.
360-Grad wird dennoch oft in Verbindung mit Virtual Reality gebracht. Ein Grund dafür ist, dass 360-Grad-Szenen wie die lebendigeren VR-Inhalte auch in eigenständigen VR-Brillen betrachtet werden können. Ein anderer Grund ist, dass der Begriff Virtual Reality in der Populärwissenschaft deutlich verbreiteter ist, was sich Marketingleute zunutze machen und lieber von VR als von 360-Grad sprechen. Eine wirkliche VR-Erfahrung bietet jedoch viel mehr als nur das Betrachten von Stereo-Bildern mit Handy vor den Augen.
Was schnell erkennbar ist, ist dass in VR die virtuelle Umgebung auf einem 3D-Modell basiert wie beispielsweise einem CAD-Modell. Damit hat man die Freiheit, sich in der virtuellen Umgebung so zu bewegen als ob man tatsächlich physisch vor Ort wäre, um die Szene von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten. Diese zusätzliche Interaktivität und Bewegungsfreiheit machen moderne VR-Anwendungen zu einer unglaublich immersiven Erfahrung: man fühlt sich in der virtuellen Welt wirklich wie an einem anderen Ort. Im Gegensatz dazu sind 360-Grad-Aufnahmen wie ein Bildschirm mit Rundumblick.
Ob Anbieter von Inhalten sich für Virtual Reality oder 360-Grad-Aufnahmen entscheiden, hängt von deren Anforderungen ab. VR bietet mit vollständigen 3D-Modellen eine viel immersivere Erfahrung als 360-Grad und eignet sich besonders für real noch nicht existierende Umgebungen oder Produkte sowie für interaktive Szenarien. 360-Grad-Bilder hingegen sind ausreichend für die Darstellung realer Umgebungen am PC oder Smartphone bei denen es nicht auf echte Maße und Interaktivität mit der Szene ankommt. Die technischen Möglichkeiten "echter" VR-Brillen werden mit 360-Grad-Aufnahmen hingegen nicht ausgeschöpft.
Die Formate von Virtual Reality und 360-Grad-Aufnahmen
Die Formate beider Technologien unterscheiden sich grundlegend:
- 360-Grad (360°)
360-Grad-Aufnahmen sind sphärische Bilder, die von einem bestimmten Punkt aus aufgenommen werden. Es gibt verschiedene Formate von 360°-Aufnahmen, einschließlich statischer 360°-Fotos und 360°-Videos, also eine Aneinanderreihung von mehreren 360°-Bildern, bei denen sich, die Kamera und Objekte in der Szene bewegen können. 360°-Aufnahmen sind hauptsächlich für die Darstellung realer Umgebungen gedacht und bieten eine eingeschränkte Interaktivität, da die Szene nur von festen Standpunkten aus betrachtet werden kann, von denen die Aufnahmen gemacht wurden.
- Virtual Reality (VR)
Im Gegensatz dazu basiert Virtual Reality auf vollständigen 3D-Modellen der virtuellen Umgebung, die beispielsweise mit 3D-CAD-Programmen oder Planungssoftware bzw. Konfiguratoren erstellt werden. Dadurch können die Benutzer die Szene aus verschiedenen Standpunkten betrachten und sich interaktiv in der virtuellen Umgebung bewegen. VR eignet sich somit besonders gut für die Darstellung real noch nicht existierender Umgebungen und komplexer Szenarien.
Inhaltserstellung von VR-Szenen und 360°-Aufnahmen
Die grundlegende Entstehung von Umgebungen und visuellen Inhalten unterscheidet sich erheblich zwischen VR und 360°-Aufnahmen. Im Folgenden werden die wesentlichen Unterschiede dieser Technologien genauer betrachtet:
Virtual Reality
Es gibt zwei grundlegende Wege, um VR-Inhalte zu erstellen:
- 3D-Modelle
Der vorbestimmte Weg besteht darin, dass realistische 3D-Modelle mit Hilfe von 3D-CAD-Software sowieso von Grund auf neu gestaltet oder zusammengesetzt werden. Diese dann bereits vorhandenen Modelle, können mit entsprechender Technik mit Mehraufwand oder mit Standardprogrammen sogar auf Knopfdruck in ein VR-Format umgewandelt werden, das für die Nutzung mit modernen VR-Brillen geeignet ist. Alternativ können auch bereits existierende Szenen durch 3D-Profis von Grund auf nachmodelliert werden, um sie ohne Programmierkenntnisse in die virtuelle Welt zu integrieren.
- 3D-Scanner
Ein weiterer Weg basiert auf fortschrittlicher 3D-Scan-Technologie, die es ermöglicht, real existierende Objekte und Umgebungen in die digitale Welt zu übertragen, ohne diese von Grund auf nachzumodellieren. Hier kommen 3D-Scanner zum Einsatz, die die physische Geometrie von Objekten durch die Abtastung der Oberflächen erfassen und diese Bildpunkte in einer "Punktewolke" anordnen.
Es gibt verschiedene Arten von 3D-Scannern, wie Laserscanner, strukturiertes Licht, Photogrammetrie und Time-of-Flight-Scanner. Die gewonnenen 3D-Scandaten werden anschließend in spezielle Software übertragen, die die gesamte Punktewolke in ein vollständiges und recht präzises 3D-Modell umwandelt, das anschließend in VR betrachtet werden kann.
360-GRAD
Für die Erstellung von 360°-Aufnahmen gibt es zwei grundlegende Varianten: 360°-Videos und statische 360°-Fotos. Bei 360°-Fotos wird die Szene zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgenommen, während bei 360°-Videos die Szene über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet wird. 360°-Erfahrungen können auch computergeneriert werden.
- 360°-Fotos
Einzelne 360°-Fotos können mithilfe einer einzigen Kamera und somit auch mit Smartphones neuester Generation erstellt werden. Die Kamera wird dabei um die eigene Achse bewegt, und anschließend werden die einzelnen Bilder mit spezieller Software zu einem 360°-Bild zusammengesetzt. Es ist wichtig, dass sich die Szene während der Aufnahme möglichst wenig verändert, da sonst unerwünschte Effekte auftreten könnten, wie zum Beispiel Personen, die halb abgeschnitten sind oder mehrmals im Bild auftauchen.
- 360°-Videos
Um 360°-Videos zu erstellen, ist spezielle Hardware erforderlich, um die Szene gleichzeitig aus allen Richtungen aufzunehmen. Für diese Aufgabe kommen häufig Multikamera-Rigs zum Einsatz, die mit mehreren Kameras ausgestattet sind. In der Regel werden dabei sechs Kameras gleichzeitig verwendet. Eine alternative Option sind omnisphärische Kameras, die mit zwei oder mehr Fisheye-Objektiven die Szene aus allen Richtungen erfassen können.
- Computergenerierte 360°-Visualisierungen
Interessanterweise benötigen 360°-Erfahrungen nicht unbedingt eine physische Kamera, da die Bilder oder Videos auch computergeneriert werden können. Zum Beispiel verwenden manche Planungsprogramme für Architektur, Küchen, Bäder oder andere Räume 360°-Visualisierungen, um ihren Kunden dann mittels Smartphone-Gehäuse-VR eine etwas realistischere Darstellung der geplanten Umgebung zu bieten.
Betrachtung von VR- und 360°-Inhalten
Sowohl 360°-Videos, als auch Virtual Reality-Inhalte lassen sich mit VR-Brillen betrachten, sodass der Nutzer immersiv eintauchen kann. Deutlich wird der Unterschied zwischen beiden Technologien, wenn man ein 360-Grad-Video über ein PC oder Smartphone konsumiert. Doch auch VR-Inhalte können auf dem 2D-Bildschirm von allen Seiten aus betrachtet werden.
Bei 360°-Aufnahmen gibt es drei Freiheitsgrade, Fachleute sagen 3DoF (3 Degrees of Freedom), die es Betrachtern ermöglichen, ihren Kopf nach links und rechts zu drehen, nach oben und unten zu schauen und zur Seite zu neigen. Bei VR hingegen gibt es drei zusätzliche Freiheitsgrade für die Position (6DoF), was bedeutet, dass man sich im Raum bewegen und die virtuelle Umgebung interaktiv erkunden kann.
360°-Aufnahmen (3DoF) können also auch mit den kostengünstigsten VR-Lösungen, die auf Smartphones basieren, betrachtet werden. Hingegen werden für das Bewegungstracking mit sechs Freiheitsgraden (6DoF) "richtige" VR-Brillen benötigt werden. Früher gab es diese nur kabelgebunden ("tethered"), VR konnte ausschließlich als 3D-Ausgabebildschirm in Verbindung mit teuren Gaming-PC genutzt werden.
Doch seit einigen Jahren gibt es nun die kabelfreien VR-Lösungen als "Standalone"-Headsets, die vergleichbar zu Smartphones die notwendige Technologie in einem Gerät (All-in-one) verbaut haben. Hierbei wird für viele Anwendungen das Kabel nur noch zum Laden der VR-Brille benötigt und zur schnelleren Übertragung von Apps und Inhalten verwendet.
Mit VR-Inhalten auf den hochwertigen VR-Brillen wird nun der eigene Standpunkt sowie der Blickwinkel ganz einfach durch Bewegung vom Nutzer selbst festgelegt. Ähnlich funktioniert die Navigation bei Smartphones und Tablets, da die Bewegungen von Gyroskop und anderen Sensoren ausgewertet werden.
Anwendungsbereiche von Virtual Reality und 360-Grad-Aufnahmen
Die beiden Technologien eignen sich für unterschiedliche Anwendungsbereiche.
- 360°-Bilder
360°-Aufnahmen haben zweifellos ihren Reiz und ermöglichen den Betrachtern einen Blick auf eine Szenerie. Die Technologie wird häufig in der Fotografie und bei der Präsentation von Immobilien genutzt, um Interessenten eine Rundumsicht von verschiedenen Positionen aus zu bieten. Doch wenn es darum geht, realitätsnahe Erfahrungen für potenzielle Käufer zu schaffen, stößt die 360°-Technologie an ihre Grenzen. Insbesondere im Vergleich zur virtuellen Realität (VR) fehlt es an Immersion und Interaktion.
In einer 360°-Aufnahme einer Wohnung mag der Betrachter zwar die Möglichkeit haben, sich umzusehen, doch es fehlen die lebensechten Dimensionen und die Möglichkeit, durch die Räume, Küche und Bäder zu gehen oder die Größenverhältnisse realistisch einzuschätzen. Dadurch können wichtige Entscheidungsfaktoren wie Ergonomie, Funktionalität und Praktikabilität nicht beurteilt werden, was in VR möglich ist.
- VR-Szenen
Die virtuelle Realität eröffnet faszinierende Anwendungsbereiche, die weit über Gaming und Entertainment hinausgehen. Eine besonders beeindruckende Anwendung findet sich im Bereich des Testens eines Produkts oder des Erlebens von Räumlichkeiten vor der tatsächlichen Umsetzung, wie beispielsweise bei der Planung und Gestaltung von Gebäuden und Fertigungen oder Wohnungen und Küchen oder Bäder. Anders als bei herkömmlichen 2D-Bildern oder 360°-Aufnahmen können Verantwortliche oder Kunden und spätere Nutzer dank VR die (spätere)) Umgebung hautnah und realitätsgetreu erleben schon bevor die Anlagen und Räume real existieren.
Die immersiven Möglichkeiten von VR erlauben es, sich in virtuellen Szenen jeder Art zu bewegen und reale Größenverhältnisse wahrzunehmen. Die detaillierte Gestaltung und genauen Maße zum Beispiel eines virtuellen Gastraumes oder einer Küche ermöglichen es den Auftraggebern, die Anordnung der Möbel, die Farben und Materialien authentisch zu erleben - als stünden sie tatsächlich in disen zukünftigen Räumen. Der Einsatz von VR ist somit besonders hilfreich, um Missverständnisse mit Kunden zu vermeiden und um die Entscheidungsfindung zu beschleunigen.
Fazit und Zusammenfassung
Es lohnt sich, die Unterschiede und Anwendungsbereiche sowie den Aufwand für beide Techniken genau zu bewerten, um die richtige Wahl zur Darstellung und Präsentation der eigenen Projekte und Produkte in 3D bzw. VR zu treffen. Letztendlich kommt es ja immer darauf an, dass die Modelle und Räume optimal zur Geltung kommen und die Präsentation im besten Wortsinn "mit dem Auge des Betrachters" die gewünschte Wirkung erzielen kann.
- YouTube https://youtu.be/y40zhuuJIV0