Britische Autobauer lernen mit Gesellschaftsspiel
London, Juli 2007 - Die Mitarbeiter zweier britischer Autohersteller lernen seit kurzem mit interaktiven Lerntools die komplizierte Mathematik, die sich hinter Produktivitäts- und Performance-Analysen verbirgt. Dabei hilft ihnen unter anderem eine virtuelle Version von "Shove Ha'Penny", ein in
britischen Pubs sehr populäres Gesellschaftsspiel.
Wissenschaftler des London Knowledge Lab haben jetzt in
Zusammenarbeit mit den Unternehmen Software-Tools entwickelt, die für Schulungszwecke im Bereich der statistischen Prozesssteuerung eingesetzt werden. Im Englischen als "statistical process control", SPC, bezeichnet, wird diese Methode zur Leistungs- und Produktivitätsüberwachung bei der Fahrzeugherstellung eingesetzt.
Ziel war es, innovative Lernanwendungen zu entwickeln, die den Mitarbeitern die abstrakten mathematischen Formeln hinter der SPC-Methode anschaulich erklären. Vielen Mitarbeiter erschienen diese bisher wenig nachvollziehbar. Die Lernsoftware nutzt darum ein bekanntes britisches Gesellschaftsspiel, um die komplexen Berechnungen zu
visualisieren.
Beim realen "Shove Ha'Penny"-Spiel befördern die Mitspieler Münzen über ein Spielbrett, indem sie diese mit ihrer Handfläche nach vorne stoßen. In der virtuellen Version des Spiels werden die Münzen mit Hilfe von Reglern bewegt. Die Einstellungen können systematisch verändert werden. Dies
wirkt sich wiederum direkt auf den weiteren Ablauf aus, der innerhalb bestimmter Spezifikationsgrenzen stattfindet.
Die interaktiven und visuellen Elemente der Anwendung helfen den Mitarbeitern, die mathematisch-statistischen Zusammenhänge ohne großes Vorwissen nachzuvollziehen. Schwer verdauliche mathematische Darstellungen werden vermieden.
Die Tools sind mittlerweile fest in den Arbeitsalltag vieler Mitarbeiter integriert. Anklang finden sie auch bei immer mehr SPC Trainern und Ingenieuren. Inzwischen nutzen Autohersteller in ganz Europa und den USA die Software des London Knowledge Lab.
Die Entwicklung dieser Tools ist Teil des Forschungsprojekts "Techno-mathematical Literacies in the workplace" (TmL). Dazu Richard Noss, Vize-Direktor des Projekts und stellvertretender Leiter des London Knowledge
Lab: "In der Arbeitswelt werden heute grundlegend andere mathematische Fähigkeiten verlangt als früher. In der betrieblichen Weiterbildung und auch bei den Mitarbeitern ist diese Erkenntnis jedoch noch nicht vollständig
angekommen."
Technologie sei an modernen Arbeitsplätzen allgegenwärtig, die Mitarbeiter müssten sich daher mit dem mathematischen Fachwissen auseinandersetzen, das die Grundlagen ihrer täglichen Arbeit bildet. "Heutzutage sind Unternehmen fortlaufend damit beschäftigt, die technisch-mathematischen Kenntnisse ihrer Mitarbeiter zu verbessern," so Noss weiter. "Dabei sind gewöhnliche Weiterbildungsmethoden zur
Vermittlung mathematischer Kenntnisse nicht mehr ausreichend."
Das Projekt "TmL in the workplace" wurde von Oktober 2003 bis Juni 2007 vom britischen Economic and Social Research Council finanziert (Award number L139-25-0119). Es ist Teil des Teaching and Learning Research Programme des Vereinigten Königreichs.