KMU ein Fall für eLearning?
Berlin, Januar 2005 - Die Anforderungen der betrieblichen Praxis in KMU und die Merkmale von eLearning Anwendungen fallen eigentlich passgenau zusammen - trotz aller gängigen Vorbehalte. Denn benötigt werden kurze, bedarfsgerecht und flexibel abrufbare Lerneinheiten, die ein effizientes und kostengünstiges Lernen ermöglichen. Wie eLearning auch für KMU langfristig zum Gewinn werden kann, hat das Berliner Beratungsunternehmen structura GbR in zwei Modellprojekten unter dem Titel "lernen - just in time" untersucht.
"Lernen - just in time" entwickelte webbasierte Lernmodule für mehr als 50 Klein- und Mittelstands-Unternehmen und erprobte sie mit diesen gemeinsam. Aus den Erfahrungen lassen sich einige Regeln ableiten wie etwa das generell geltende Prinzip: eLearning muss sitzen, um von den Mitarbeitern kleiner und mittlerer Unternehmen akzeptiert zu werden. KMU-Nutzer wollen passgenaue Lösungen, die ihnen praktische Antworten auf aktuelle Geschäftsprobleme liefern.
Das Modellprojekt "lernen - just in time" zeigt: Dem oft beklagten Mangel an Medienkompetenz in KMU zum Trotz werden eLearning-Angebote für individuelles Lernen tatsächlich genutzt, wenn sie bestimmte Qualitätskriterien erfüllten. Voraussetzung sind:
- eine niedrige technische Einstiegsschwelle,
- eine Bedarfserhebung in Form einer fundierten Analyse der zu lösenden Geschäftsprobleme,
- kurze, problemorientierte und verständliche Lerninhalte,
- interaktive und anschauliche Lerninhalte,
- emotional ansprechende Gestaltung, schnelle Orientierung, grafische Informations- und Sympathieträger,
- schneller Zugriff auf relevante Informationen, problemorientiertes Lernen,
- bei Bedarf persönliche Unterstützung für alle Nutzer.
Auch wenn diese Voraussetzungen geben sind, sehen die meisten eLearning-Konzepte als Ergänzung zum individuellen Lernen den Einsatz virtueller Kommunikationsmedien vor. In Chat oder Forum sollen spezifische Fragen diskutiert, gemeinsam mit den Nutzern Lösungen erarbeitet und der Transfer der Lerninhalte in die unternehmensspezifische Arbeitspraxis begleitet werden.
Die "lernen - just in time"-Erfahrung zeigte jedoch, dass die Kommunikation zwischen KMU innerhalb virtueller Lerngruppen nur mit einem sehr hohen Aufwand an Betreuung und "Marketing" funktioniert. Für viele Nutzer ist bereits das Lernen per Computer ein großer Schritt, Online-Kommunikation jenseits von eMail wird eher skeptisch betrachtet. Chats und Foren, virtuelle Klassenzimmer und Videokonferenzen haben es deshalb schwer, selbst wenn sie durch professionelle eTutoren betreut werden.
Viel mehr wünschen sich Lernende aus kleinen und mittleren Unternehmen ein persönliches Coaching und die direkte Unterstützung durch Fachexperten. Wird eLearning mit persönlicher Betreuung über altbewährte Kommunikationsmedien wie Telefon, eMail oder persönliches Gespräch kombiniert, erleichtert das den Nutzern den Einstieg.
Durch die Kombination von eLearning-Modulen mit persönlicher Beratung am Arbeitsplatz oder mit ergänzenden Präsenztreffen kann sich jeder Nutzer das seinem individuellen Lernstil entsprechende Angebot zusammenstellen. Denn auch KMU-Nutzer lassen sich nicht über einen Kamm scheren.
Bei "lernen - just in time" werden - in Anlehnung an Ehlers - drei Lerntypen in KMU unterschieden:
- Der ergebnisorientierte Individualist ist mit bedarfsorientierten Selbstlernangeboten zufrieden. Über das individuelle Lernen hinaus benötigt er keine Präsenzveranstaltungen. Persönliche Betreuung erwartet er nur in Bezug auf technische Fragen.
- Der Pragmatiker wünscht sich in erster Linie die schnelle Problemlösung. Neben den Selbstlernangeboten, die er im Stil einer Loseblattsammlung nutzt, sucht er persönliche Unterstützung bei konkreten Fragen: Coaching per Telefon, eMail oder im direkten Gespräch.
- Der Seminarist sucht zusätzlich zum individuellen Lernen den kollegialen Austausch mit anderen Lernenden. Präsenzveranstaltungen - als überschaubare und teilnehmerzentrierte Lerngruppen organisiert - sind für ihn wichtig, um beim Lernen am Ball zu bleiben.
Da eLearning jedem Nutzer bieten soll, was er braucht, hat es sich im Projekt "lernen - just in time" bewährt, eLearning mit Präsenz- und Beratungs-Bausteinen zu kombinieren. Der Nutzen für die Unternehmen: Durch individuelles eLearning gewinnen die Nutzer Überblick über relevante Themen, aktivieren Vorkenntnisse, bilden Grundlagen und entwickeln Fragen. Aufgrund solcher Vorarbeit können kostenintensive Einzelberatungen oder Präsenzseminare effektiver genutzt werden. Das Ergebnis: Zeit- und Kostenersparnis gegenüber herkömmlichen Beratungen und Seminaren.