Wirtschaftsförderung: Kompetenz für die Region nutzen
Berlin, Juli 2009 - Die Sicherung vorhandener Arbeitsplätze und das Wachstum von Unternehmen ist besonders in strukturschwachen Regionen ein wichtiges politisches Ziel. Die Virtuelle Akademie Brandenburg betreibt strategische Wirtschaftsförderung durch ein nachhaltiges Kompetenzmanagement in kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Priv.-Doz. Dr. habil. Konrad Berger, Vorstandssprecher des educo Institut Bildung und Beruf e.V., der Träger der Virtuellen Akademie Brandenburg ist, erklärte CHECK.point eLearning die Vorgehensweise.
Welche Rolle spielt die Virtuelle Akademie Brandenburg beim Aufbau von Kompetenzen in den kleinen und mittleren Unternehmen der Region?
Dr. Konrad Berger: Die Virtuelle Akademie Brandenburg (ViA) ist Dienstleister für die betriebliche Fort- und Weiterbildung. Qualifiziert werden in erster Linie berufstätige Menschen in kleinen, mittelständischen Unternehmen sowie öffentlichen Verwaltungen.
Eröffnet wurde die ViA im Jahr 2005. Sie ist Projekten hervorgegangen, die aus ESF- und Mitteln des Landes Brandenburg gefördert wurden. Seit 2009 trägt sie sich nun selbst. Ihre Kernkompetenz ist es, für Mitarbeiter und Führungskräfte bedarfsgerechte Lösungen und individuelle Angebote zur betrieblichen und beruflichen Qualifizierung zu schaffen. Das geschieht durch die professionelle Verbindung von Lernberatung, Training vor Ort und virtuellem Lernen.
In Verbindung mit dem landespolitischen Entwicklungskonzept leistet die ViA damit einen spezifischen Beitrag zur Fachkräftesicherung in regionalen Wachstumskernen und in anderen Teilen des Landes. Verständlicherweise sind nicht nur in wirtschaftlichen Krisenzeiten Zeit- und Personalressourcen begrenzt. Dennoch ist es gerade jetzt besonders wichtig, die Kompetenzentwicklung zur Fachkräftesicherung in Betrieben und Branchen zu stärken, die für die regionale Wirtschaftsentwicklung von großer Bedeutung sind.
Welche strategische Rolle spielt Kompetenzmanagement bisher in Brandenburgs mittelständischen Unternehmen?
Dr. Konrad Berger: Kleine, mittelständische Unternehmen in Brandenburg operieren zumeist nicht mit dem strategischen Begriff Kompetenzmanagement. Rund 90 Prozent aller Unternehmen haben weniger als 20 Mitarbeiter, sind also verhältnismäßig klein. Der Unternehmer ist oft Geschäftsführer, Verkäufer und Personalentwickler in Personalunion. Als Dienstleister wollen wir sie daher unterstützen, die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter in die richtige Richtung zu entwickeln.
In erster Linie haben Unternehmen natürlich betriebswirtschaftliche Ziele vor Augen, die sie erreichen wollen. Anstatt mit abstrakten Begriffen wie Kompetenzmanagement zu operieren, schaffen wir den Zugang zu mittelständischen Unternehmen eher auf der sachlich-fachlichen Ebene. Unternehmer schildern uns ihre Probleme und dort setzen wir mit unserer Lernberatung an.
Ein Beispiel: Die Region Fürstenwalde ist für Brandenburg ein wichtiger Wachstumsmotor, denn dort ist bereits wieder Zuzug zu verzeichnen. Hier berichtete ein Unternehmer, dass er im Zuge des Wachstums einen künftigen Absatzmarkt vor allem im benachbarten Polen sieht. Wir fragen den Unternehmer: Was wissen Sie über Polen? Welche Mitbewerber haben Sie dort? Spricht einer Ihrer Mitarbeiter polnisch?
Keiner der Mitarbeiter spricht polnisch. Die komplizierten Maschinen und Technologien in seinem Betrieb sind allerdings äußerst erklärungsbedürftig. Der Erwerb von polnischen Sprachkenntnissen für seine technischen Experten und für den Vertrieb muss also auf die speziellen Bedürfnisse zugeschnitten sein. Zudem ist in Unternehmen dieser Größenordnung jeder Mitarbeiter unentbehrlich für das operative Geschäft. Der Chef kann daher niemanden für Wochen in einen Sprachkurs schicken. Dennoch ist er sich im Klaren darüber, dass diese Kompetenz für die Zukunft des Unternehmens von großer Bedeutung ist.
KMU können diese Projekte oft nicht allein stemmen, weil das Tagesgeschäft den Blick auf die strategische Personal- und Kompetenzentwicklung verstellt. Deswegen ist die Lernberatung der Virtuellen Akademie Brandenburg gezielt darauf ausgerichtet, die Qualifikationen und Kompetenzen der Mitarbeiter in Unternehmen so zu entwickeln, dass eben die geplanten Unternehmensziele erreicht werden können.
Wie wichtig ist eLearning im Bildungsportfolio der KMU?
Dr. Konrad Berger: Gerade in kleinen Unternehmen ist der Anteil von eLearning am Trainingsprogramm noch relativ gering. Wenn es sich nicht um Trainings zu Standardprodukten wie beispielsweise Microsoft Office handelt, passen vorgefertigte Programme oft nicht zu den Bedürfnissen dieser Unternehmen.
Dem Maschinenfabrikanten aus Fürstenwalde beispielsweise nützt es nicht viel, wenn seine Mitarbeiter auf Polnisch -œGuten Tag-œ sagen oder ein Geschäftstelefonat führen können. Diese Unternehmen benötigen eher sehr individuelle, technische Sprachkenntnisse für den Vertrieb und bevorzugen daher Trainer aus Fleisch und Blut, die ihre Trainingsprogramme spezifisch auf die Kundenbedürfnisse zuschneiden.
Soweit die technische Infrastruktur es zulässt, werden diese Maßnahmen auch als eLearning im virtuellen Klassenzimmer durchgeführt. Allerdings ist Brandenburg noch nicht flächendeckend mit DSL-Anbindungen für schnelles Internet ausgestattet. Die Trainingsmaßnahmen finden daher oft vor Ort in den Unternehmen statt.
Was könnte ein umfassendes Kompetenzmanagement in KMU bewirken? Gibt es dafür Praxisbeispiele?
Dr. Konrad Berger: Ich bin überzeugt davon, das Kompetenzmanagement ein wichtiger Faktor für die erfolgreiche Entwicklung von Unternehmen und damit für die Fachkräftesicherung ist. Von der strategischen Entwicklung der Mitarbeiterkompetenzen hängt der Erfolg des Unternehmens und damit der Wohlstand und wirtschaftliche Erfolg der gesamten Region ab.
Eine Erfolgsgeschichte gezielter regionaler Wirtschaftsentwicklung ist beispielsweise die Wachstumsregion Fürstenwalde - und nicht nur im Tourismus, sondern auch in den Branchen Solarenergie, Maschinenbau und Kunststoff/Chemie Hier haben es regionale Akteure geschafft, dass auch durch gezielte betriebliche Kompetenzentwicklung und Qualifizierung, in vielen kleinen Unternehmen neue Arbeitsplätze entstanden sind.
Nun arbeiten wir an vertrauensbildenden Maßnahmen, um den Erfolg in der Region zu verankern. Kleine Unternehmen müssen diese erworbenen Kompetenzen teilen, um eine nachhaltige Wertschöpfungskette zu bilden. Best-Practice-Beispiele, aber auch ortsansässige Dienstleister befähigen Unternehmen, andere an ihrem Erfolg partizipieren zu lassen.
Kompetenz teilen heißt, eine Win-Win-Situation herzustellen, von der alle profitieren und nicht wirtschaftlichen Erfolg zu verhindern.