"Eigene Erfahrungen sind wichtig"
Rösrath, April 2005 - Die Betreuung von eLearning-Kursen ist eine äußerst anspruchsvolle und komplexe Aufgabe, die hohe Ansprüche an die Qualifikationen von Online-Tutoren stellt. Die eTrainer-Ausbilderin Kerstin Ackermann-Stommel von elearnconcept beschreibt für CHECKpoint eLearning ihren Weg von der Trainerin zur eTutorin und eLearning-Expertin.
Welcher Berufsweg hat Sie in Richtung eTraining geführt?
Kerstin Ackermann-Stommel: Ich komme aus dem Kaufmännischen, bin jedoch seit Beginn meines Berufslebens meist in der Bildung tätig gewesen. Sowohl vor als auch hinter den Kulissen, d. h. als Dozentin in der kaufmännischen Erwachsenenbildung, in der Verwaltung von Hochschulen und Bildungsträgern sowie in der Projektbetreuung. Seit mehr als fünf Jahren bin ich im eLearning tätig; zuerst als angestellte Projektleiterin, seit vier Jahren selbstständig in der Qualifizierung von eLearning-Fachkräften, Lernprogrammerstellung und der Konzeption von eLearning-Projekten. Mein Schwerpunkt liegt in der Methodik und Didaktik.
Wie kamen Sie dazu, eine Ausbildung als eTrainerin zu absolvieren?
Kerstin Ackermann-Stommel: Ich habe neben meiner damaligen beruflichen Tätigkeit angefangen, mich schlau zu machen zu "Lernprogrammen" - von eTraining war damals keine Rede. Ich wollte alles lernen, was mit elektronischem Lernen zu tun hat. Die Möglichkeit, ohne ein einziges Lernprogramm, aber vom Trainer betreut, mit methodisch gut aufbereiteten Lerndokumenten zu arbeiten und Kommunikationsmittel über Lernplattformen zu nutzen, war zu dem Zeitpunkt kaum bekannt in Deutschland.
Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Ausbildung ausgesucht?
Kerstin Ackermann-Stommel: Ich suchte eine Rundum-Ausbildung - nicht nur zur eTrainerin, sondern mein Interesse lag auch in der Konzeption von eLearning-Szenarien. Wichtig war mir, auf genau diesem Wege - nämlich online - zu lernen. Das empfehle ich allen Interessenten; einige Tipps, worauf sie bei der Wahl einer Ausbildung achten sollten, stehen auf meiner Website.
Welche Voraussetzungen sollten angehende Trainer erfüllen, um der Ausbildung problemlos folgen zu können?
Kerstin Ackermann-Stommel: Sie sollten Erfahrung im Unterrichten gesammelt haben - welche Art von Training ist nicht das Entscheidende. Auch Menschen, die in Supportabteilungen tätig sind, bringen gute Vor-aussetzungen mit, denn sie müssen sich immer wieder auf neue Anwen-der mit neuen Problemen einstellen und diese unterstützen. Eine Affinität zu Computern ist ebenso wichtig wie der sichere Umgang mit klassischen Anwendungsprogrammen und dem Internet.
Hinzu kommen sollte: Erfahrung mit elektronischer Kommunikation, die Bereitschaft, sich mit dem eigenen Kommunikationsverhalten auseinanderzusetzen und Veränderungen bei der elektronischen Kommunikation nicht nur als notwendiges Übel anzusehen, sondern auch Neugierde und Freude daran zu haben und sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. eTrainer sind Lernbegleiter: Sie stehen nicht im Mittelpunkt des Interesses wie bei der reinen Wissensvermittlung, sondern leiten eher als eine Art "Personal Trainer" die eLearner an.
Welchen Zeitaufwand sollten angehende eTrainer einkalkulieren?
Kerstin Ackermann-Stommel: Eine Ausbildung sollte über mehrere Monate laufen - wenigstens zwei bis drei Monate. Eigene Erfahrungen als eLearner sind sehr wichtig, um später die Bedürfnisse und Wünsche der Teilnehmer einschätzen zu können. Ein Zeitaufwand von sechs bis acht Stunden pro Woche ist realistisch. Nur mal eben ein paar Texte zu lesen, bringt wenig. Die Auszubildenden müssen sich aktiv mit den Inhalten auseinandersetzen und die Werkzeuge ausprobieren. Ich habe viel daraus gelernt, wie andere Teilnehmer (nicht) kommunizieren. Auch heute lerne ich tagtäglich als Moderatorin im Forum "Aus- und Weiterbildung" der Business Community dazu.
Was hat sich durch die Ausbildung in Ihrem Selbstverständnis als Trainerin verändert? Wie hat sich Ihre Arbeitspraxis gewandelt?
Kerstin Ackermann-Stommel: Ich gehörte einmal zu der Gruppe von Menschen, die der Meinung sind, man müsse den Stoff nur möglichst gut aufbereitet rüberbringen, um den Teilnehmern einen möglichst großen Lernerfolg zu sichern. Doch weit gefehlt: Das Einstellen auf individuelle Lernformen ist wichtig, das Beachten unterschiedlicher Lerntypen und das Lernen "nach Bedarf".
Dieser Begriff ist sehr verbreitet in den Medien und daher schon ziemlich abgegriffen: Doch er trifft sehr gut eine wesentliche Veränderung in unserer Wissensgesellschaft. Natürlich benötigen wir heute nach wie vor eine gewisse Grundausbildung; wir lernen so zusagen "auf Vorrat". Doch aufgrund unserer Spezialisierungen und der schnellen Veralterung von Wissen müssen wir andere Lernformen und -inhalte berücksichtigen, um mithalten zu können.
Ich habe festgestellt, dass ich in jedem Training, das ich durchführe, selbst immer wieder etwas lerne von den Teilnehmern. Früher hat mich das irritiert und verunsichert, heute sehe ich es als Bereicherung an. Die Grenzen weichen auf: Der Lehrer ist nicht mehr der alles Wissende und der Lernende der Unwissende. Dadurch kann der Lehrer nicht mehr wie früher die Grenzen klar abstecken - das verunsichert erst einmal.
Wie schätzen Sie die Zukunft heutiger eTrainer ein?
Kerstin Ackermann-Stommel: eTrainer haben einen langen Weg vor sich: Es ist nicht einfach, den Auftraggebern zu vermitteln, dass es sich um eine hoch qualifizierte Tätigkeit handelt, die besondere Fähigkeiten und Kenntnisse erfordert. Noch recht häufig begegne ich Entscheidern, die der Meinung sind, dass es ausreichend sei, die Lerninhalte zur Verfü-gung zu stellen und "mal eben nebenbei" jemanden zu beauftragen, bei Fachfragen der Teilnehmer zu antworten. Doch das funktioniert nicht.
Parallel dazu wird sich diese Einsicht hoffentlich auf die Honorarsätze der eTrainer auswirken: Sie werden extrem unterschiedlich bezahlt, teils in Höhe von VHS-Stundensätzen oder noch weniger. Den Auftraggebern muss nahe gebracht werden, wie viel Arbeit die Betreuung bedeutet.
Grundsätzlich sehe ich die Zukunftsaussichten für eTrainer positiv: Wie in vielen Branchen müssen gut ausgebildete eTrainer mit Billiganbietern kämpfen, deren Tutoren keinerlei Qualifizierung in der Lernerbetreuung haben, sondern nur ihr Fachwissen anbieten können. Ich denke, auch hier wird sich Qualität durchsetzen.