Jeden Tag ePrüfungen auf dem Tablett-PC
Hannover, April 2008 - (von Bettina Deininger) ELearning und ePrüfungen bilden für die Studierenden und Lehrenden im Modellstudiengang "HannibaL" (Hannoveraner integrierte berufsorientierte adaptive Lehre) an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) eine strukturelle Grundlage ihres Lern- und Lehralltages.
Das Projekt dient sowohl der universitären Lehre als auch in der ärztlichen Fortbildung.
Mit eLearning-Innovationen und interdisziplinären Kooperationen leistet das Institut für Medizinische Informatik am Standort MHH unter Prof. Dr. Herbert Matthies vielfältige Beiträge für neue Lehr- und Lernmethoden. Die TU Braunschweig und die MHH gründeten im November 2007 das gemeinsame "Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der MHH". Die Benennung dieses Dachinstitutes geht zurück auf den Pionier der Medizinischen Informatik, Peter L. Reichertz (1930-1987), der eine Medizininformatik-Tradition an beiden Hochschulen begründete.
Während sich heute der Standort Braunschweig unter Prof. Dr. Reinhold Haux mit Anwendungsszenarien wie Abrechnungssystemen und der elektronischen Gesundheitskarte befasst, konzentriert sich die MHH auf Visualisierung und Verarbeitung medizinischer Bilddaten sowie eLearning und ePrüfungen. Erste Synergien des Dachinstituts sind schon jetzt abzusehen: Die Fächer Medizinische Informatik und Statistik der TU Braunschweig nutzen nun gemeinsam mit den Fächern Medizinische Informatik und Biometrie der MHH das Lernmanagementsystem ILIAS.
Mit dieser elektronischen Lernplattform, die die MHH seit 2003 mit Inhalten verschiedener Fachbereiche füllt, wurde ein neues Kapitel in der Lehre aufgeschlagen. In dem Open Source-basierten System kann eine Vorlesung in 30 Minuten erstellt werden. Für die Studierenden beinhaltet es Fachwissen, nach Studienjahren und Kursmodulen strukturiert, zum Üben und zur Prüfungsvorbereitung.
Das Projekt wurde, so Prof. Matthies, sowohl in der universitären Lehre als auch in der ärztlichen Weiter- und Fortbildung bereits nachhaltig adaptiert, so z.B. in der Fortbildung in Diagnostischer Radiologie oder in Neuroradiologie.
Eine neue Dimension des eLearnings eröffnete sich 2004 mit dem Content-Management-System Schoolbook. Das netzbasierte multimediale Lehrbuch kann mit Fällen aus beliebigen Disziplinen bestückt und in der medizinischen Aus-, Weiter- und Fortbildung eingesetzt werden. Die Neuerung bestand in der Einbindung von speicherintensiven Bildfolgen (CT, MRT) und Videoclips, an denen nicht nur Operationen mitverfolgt, sondern auch interaktiv Diagnosen erörtert werden können. International wurde das Schoolbook "Neuropathology" seit 2004 mehrmals von der European Confederation of Neuropathological Societies (Euro-CNS) für die Fortbildung von Fachärzten aus aller Welt eingesetzt.
"Diese Lehre ist dem tatsächlichen ärztlichen Handeln nachempfunden. Durch diese Authentizität steigern wir außerdem die Lernmotivation", stellt Prof. Matthies fest, der die hohe Akzeptanz der Lernsysteme durch die fortlaufende Evaluation bestätigen kann. Zur Nutzung fachmedizinischer Texte ist die Hochschule eine Kooperation mit dem Wissenschaftsverlag Elsevier eingegangen. Die Hochschulärzte erstellen in der medizinischen Praxis die Visualisierungen.
Mit dem grundlegend veränderten Studienplan in HannibaL, in der die ca. 300 angehenden Mediziner seit dem Wintersemester 2005/2006 an der MHH eine praxis- und patientenorientierte Ausbildung durchlaufen, standen die Lehrenden auch vor neuen organisatorischen Herausforderungen. Während und nach jedem der 36 Studienmodule finden Prüfungen statt, in der Praxis heißt das alle 14 Tage. Die kontinuierliche Leistungsüberprüfung ersetzt einerseits summarische Examina wie das gefürchtete Physikum, andererseits erhöht sich der Prüfungsaufwand erheblich.
Die Lösung waren Tablett-PCs, das mobile Prüfungs- und Evaluationssystem Q-Exam mit einem mobilen Server, der die Auswertung direkt im Anschluss an die Prüfung ermöglicht. In Zusammenarbeit mit dem externen Dienstleister Codiplan, der für die Bereitstellung der Geräte, die Einrichtung der Fragen auf den PCs, die technische Instandhaltung und die personelle Betreuung während der Prüfungen verantwortlich ist, haben das MHH-Studiendekanat und die Medizinische Informatik der MHH ein neuartiges Prüfungsszenario entworfen, das "Dienstleistungspaket ePrüfung".
Für diesen Service plant die Hochschule jährlich ein sechsstelliges Budget ein. Die Akzeptanz bei den Studierenden ist aufgrund der objektiven und schnellen Prüfungsauswertung positiv, technische Bedenken zur Störanfälligkeit und der Benutzerfreundlichkeit des Systems treten mit wachsender Routine in den Hintergrund.