ELearning in der Entwicklungszusammenarbeit
Bonn, August 2010 - (von Kirsten Seegmüller) Seit zehn Jahren betreibt InWEnt, Internationale Weiterbildung und Entwicklung, die Lern- und Kommunikationsplattform Global Campus 21 (GC21). Nun macht die Organisation für Internationale Zusammenarbeit viele ihrer Online-Kurse einer großen Anzahl von internationalen Experten und Entscheidungsträgern zugänglich: In der GC21 E-Academy können Fachleute und Führungskräfte aus Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern aus mehr als 40 Kursen wählen - von Gesundheitsmanagement bis Umweltschutz, von Financial Management bis Marketing. Senior Project Manager Christian Gmelin erläutert, welche Vorteile sich daraus für die Entwicklungszusammenarbeit ergeben.
Herr Gmelin, welche Idee steckt hinter der GC21 E-Academy?
Christian Gmelin: Bisher hat InWEnt ihre Kurse vor allem den Teilnehmenden spezifischer Programme zur Verfügung gestellt. Fachabteilungen wie etwa die Statistiker oder die Gesundheitsabteilung bieten Online-Kurse mit Tutorbetreuung zur Vorbereitung ihrer Workshops und Trainings an. Dort können sich die Teilnehmenden neben dem Online-Training auch vernetzen und miteinander diskutieren und sich somit bestmöglich auf die Präsenzphase einstimmen. Im Schnitt sind das rund 20 bis 30 Fachleute.
Und jetzt?
Christian Gmelin: Wir haben festgestellt, dass die Inhalte unserer Online-Programme für einen sehr viel größeren Personenkreis interessant sind. Unsere standardisierten Kurse zu allen entwicklungspolitisch relevanten Themen können wir nun allgemein und weltweit zugänglich machen - selbstverständlich mit den notwendigen inhaltlichen und didaktischen Anpassungen wie etwa dem modularen Aufbau jedes Kurses. Das ermöglicht eine unkomplizierte Anpassung des Contents an regionale Eigenheiten.
Welche anderen Inhalte vermitteln Sie?
Christian Gmelin: Wir bieten nicht nur Themen an, die entwicklungspolitisch von Bedeutung sind, sondern auch von allgemeinem Interesse. Die Grundlagen zum Financial Management oder Führungskräftetraining sind dieselben - egal ob in Johannesburg, Hanoi oder Hamburg.
Ist eLearning in allen Schwellen- und Entwicklungsländern schon präsent?
Christian Gmelin: Es gibt nur wenige Regionen weltweit, wo eLearning völliges Neuland ist. In manchen Gegenden Afrikas etwa verhindert jedoch der begrenzte Zugang zum Internet eine so rasante Verbreitung von eLearning-Produkten wie in Teilen Asiens. Generell aber gilt, dass gerade Entwicklungsländer eine große Chance in den Online-Programmen sehen. Über web-based Trainings erhalten sie Zugang zu Wissen, das für sie früher ökonomisch und geografisch unerreichbar war.
Haben dadurch auch Frauen bessere Bildungschancen?
Christian Gmelin: Allerdings. Wir beobachten eine starke Feminisierung im Bereich eLearning: Die Mehrheit der Teilnehmenden unserer Trainings und Resource Persons vor Ort sind weiblich. Der Grund dafür liegt unter anderem darin, dass eLearning im Ausland mehr als hier mit Weiterbildung und Didaktik statt mit spröder IT-Technologie in Verbindung gebracht wird.
Wer erstellt die Inhalte für Ihre Kurse?
Christian Gmelin: Die Contenterstellung erfolgt meist über externe Auftragnehmer. Die Entwicklung von Online-Kursen ist komplexer als man denkt. Man braucht ein Drehbuch und ein didaktisches Konzept, der Web-Kurs benötigt bestimmte Funktionalitäten, und die Technik muss bereitgestellt werden. Dann muss man einen Tutor finden, der sich sowohl in der Fachthematik als auch in der Pädagogik auskennt. Der gesamte Prozess der Kurserstellung dauert insgesamt vier bis fünf Monate.
Was kosten Ihre Kurse?
Christian Gmelin: Das ist ganz unterschiedlich: Selbstlernkurse mit 60 Stunden Lernmaterial ohne Betreuung durch einen Tutor kosten zwischen 50 und 150 Euro, mit Tutor maximal 400 Euro. Alumni zahlen nur die Hälfte - die Selbstlernkurse sind für sie sogar kostenfrei. Zudem haben Teilnehmende aus Schwellen- und Entwicklungsländern einen unkomplizierten Zugang zu Stipendien. Allerdings verlangen wir kein Geld für unsere Inhalte, sondern nur für unseren Service, die Plattformnutzung, den Support und den Tutor.
Dürfen Sie als Non-Profit-Organisation überhaupt Gewinne machen?
Christian Gmelin: InWEnt arbeitet im Auftrag der Bundesregierung, den Ländern und der deutschen Wirtschaft. Um unserer Verantwortung als öffentlich finanziertes Unternehmen gerecht zu werden, fließen sämtliche Einkünfte aus unserem Web-Shop zurück in die Programmarbeit der Fachabteilungen.
Wie gewährleisten Sie die Nachhaltigkeit Ihres Angebots?
Christian Gmelin: Wir bieten nicht nur Kurse an, sondern bilden Individuen und Institutionen dahingehend aus, dass sie selbst zu Experten oder Kompetenzzentren werden. Wir qualifizieren Menschen, die ihr Wissen weitergeben und langfristig Strukturen verändern, beispielsweise Tutoren und Dozenten. Im Rahmen unserer 'Capacity Building for eLearning'-Programme unterstützen wir zum Beispiel die Open University in Manila mit Modulen zur Entwicklung ihrer eigenen eLearning-Strategie.