Skepsis überwinden

Das Management elegant an eLearning heranführen

Köln, April 2009 - (von Prem Lata Gupta) ELearning kommt bei Managern an! Bereits 45 Prozent der Führungskräfte nehmen zur Aktualisierung ihres Wissen digitale Medien in Anspruch, so das Ergebnis einer aktuellen Bitkom-Studie. Die Gründe für den veränderten Zugang: manche psychologische Hürde scheint überwunden. Die Entscheider haben sich sukzessive mit mittlerweile sehr praktischen Tools angefreundet und auch der Content hat heute eine andere Informationstiefe als noch vor einigen Jahren.




Dennoch: Manager sind und bleiben eine besondere Klientel. Und die muss manchmal konventionell und vor allem elegant an eLearning herangeführt werden. Die Personalentwickler eines großen deutschen Konzern verpackten dieses Ansinnen in eine hochwertige Ledermappe. Darin wiederum wurde per Print-Broschüre das neue Weiterbildungsmedium gepriesen, auf einem vorbereiteten Merkzettel steht der dafür notwendige Link.


Ein behutsamer Einstieg also, denn bis vor kurzem bevorzugten Führungskräfte eher Präsenztrainings. ELearning empfanden sie als unpersönlich und vielleicht auch als nicht angemessen. Möglicherweise leistet eLearning auch der Mentalität keinen Vorschub, Probleme schnell abhaken zu wollen. Lernen mit digitalen Medien jedoch, bei dem der Inhalt nicht kompakt, sondern über einen längeren Zeitraum vermittelt wird, überrascht auch durch andere Zeitstrukturen.


"Anfangs war ich sehr überrascht, weil mir der Online-Tutor eine Hausaufgabe mit auf den Weg gegeben hat. Das war neu. Beim Präsenzseminar denkt man als Teilnehmer am Ende: So, jetzt bin ich fertig", beschreibt Martina Pfliegner ihre anfänglichen Erfahrungen. Sie ist IT-Manager im Rahmen Service Integration bei Henkel. Und inzwischen erkennt sie beim eLearning eine ganze Reihe von Vorteilen: "Ich muss mich nicht aus dem Arbeitsalltag ausklinken und kann bei Bedarf schnell etwas nachschlagen." Aber es geht auch um das Selbstbild: "Wenn ich am PC für mich lerne, kann ich eine Aufgabe so oft anschauen, bis ich sie komplett verstanden habe. In einer Live-Situation fragt man bestimmt nur einmal."


Winfried Albrink, Fortbildungsleiter bei Henkel, drückt sich diplomatisch aus, wenn er Führungskräfte und eLearning in Zusammenhang bringt: "Die Zielgruppe des mittleren und oberen Managements muss intensiver eingebracht werden." Das hängt seiner Erfahrung nach aber auch damit zusammen, dass moderne Medien bei der Wissensvermittlung zunächst im Bereich IT eingesetzt wurden, dann bei der Entwicklung von Sprachkompetenzen und schließlich in der Kommunikation.
Leadership-Qualitäten online zu vermitteln - dafür gab es anfangs kaum oder wenig geeigneten Content.


Darum auch fühlten sich Manager zunächst gar nicht so sehr angesprochen. Inzwischen werden betriebswirtschaftliche Themen, Selbstmanagement oder auch Themen wie "Diversity" auch per eLearning oder zumindest als Blended Lösung adressiert. "Und doch ist es so, dass Inhalte aus den USA teilweise noch von uns bearbeitet werden müssen - einfach weil sie sich nicht 1:1 auf einen anderen Kulturraum übertragen lassen." Aufgabe der Weiterbildung sei es unter anderem, "Wissensnuggets sinnvoll zusammenzubauen. Gerade bereiten wir kleinere Einheiten zum Download auf Blackberrys vor." so Albrink.


Daniel Venceslau, Leiter des Consulting Teams beim Anbieter Skillsoft, beschreibt die subtile Herangehensweise: "Der Begriff eLearning wird im Dialog mit den Kunden, wenn es um Manager geht, kaum benutzt." Vielmehr gehe es darum, Informationen zu kanalisieren, schnell auffindbar zu machen und den Zeitaufwand zu begrenzen. Darum bietet Skillsoft auch Kurzfilme, bevorzugt aus den USA, in denen CEOs und andere hochrangige Führungskräfte (von General Electric, Starbucks oder Yahoo) erklären, wie sie ein Problem gelöst haben.


Venceslau: "Die Akzeptanz ist höher, weil sich der Nutzer auf Augenhöhe fühlt." Ein Beispiel: Beim Audio-Event mit MIT-Guru Peter Senge hatten sich 500 deutsche Manager eingeloggt und nahmen die Möglichkeit wahr, dem Amerikaner live Fragen zu stellen. Stefan Janssen, Geschäftführer bei Skillsoft Mainland Europe: "Wir verzeichnen einen 50prozentigen Anstieg der Nutzerzahlen bei Führungskräfte-Trainings. Ein Trend, der derzeit getrieben wird von Themen wie Talentmanagement und Sustainibility."


Allerdings ist es häufig so, dass bei Führungskräften - anders als bei sonstigen Mitarbeitern - nicht dokumentiert oder gar überprüft wird, ob sie einen Stoff durchgearbeitet haben. Was zählt, ist der Wille und die Fähigkeit zum Selbststudium. Damit haben die Personalentwickler bei dieser Zielgruppe schon viel gewonnen. Auch die Option, sich mit wenigen Mouseclicks jederzeit eine bestimmte Information abrufen zu können, schätzen inzwischen viele Manager. Venceslau: "Die Regelmäßigkeit zählt. Es bringt nichts, jemanden alle drei Monate touchieren zu wollen."


Genau diese Idee von Nachhaltigkeit hat auch Claus Hellberg bewogen, sich BWL-Kenntnisse in einer Blended-Learning-Maßnahme anzueignen. Er entschied sich für ein Angebot der European School of Management and Technology. Der Ingenieur, der bei MAN eine Entwicklungsabteilung leitet: "Ich hätte auch ein Seminar nur mit Präsenztraining belegen können. Aber so habe ich mich ein halbes Jahr mit kaufmännischem Wissen auseinandergesetzt."


Der regelmäßige Kontakt mit dem Online-Tutor, jede Woche neue Aufgabenstellungen, immer die Chance auf eine schnelle Antwort per eMail - Hellberg ist überzeugt: "Da bleibt mehr hängen. Mir persönlich hat es enorm genutzt, weil ich ökonomische Zusammenhänge jetzt besser verstehe, auch die Interessen anderer Bereiche im Unternehmen."


Claus Hellberg hat selbst entschieden, er hätte reines Präsenztraining machen können oder eine Variante, die eLearning impliziert. Mitarbeiter anderer Firmen haben da nicht unbedingt die Wahl. Bei Deloitte wird Kommunikation und Weiterbildung mit modernen Tools seit einigen Jahren bewusst vorangetrieben. Thomas Orth, deutscher Partner und verantwortlich für eLearning innerhalb des Beratungsunternehmens: "Der Ausbau von Sprachkompetenzen passiert in fast allen Fällen durch die Angebote der Plattform Globalenglish." Auch andere Inhalte in der Weiterbildung werden webbasiert vermittelt.


Als echten Gewinn sieht Orth den Virtual Classroom: "Wir nutzen ihn für Wissensupdates speziell zu Finanzthemen oder wenn wir generell Veränderungen kommunizieren. Das ist wirkungsvoller und interaktiver als einen Newsletter zu verschicken." Dass vielleicht jüngere Führungskräfte eine andere Technik-Affinität haben als ältere, lässt Orth nicht gelten: "Ängste werden auch abgebaut, wenn man etwas tun MUSS." Allerdings würden die meisten Nutzer den Virtual Classroom inzwischen als enorm praktisch empfinden - auch für Besprechungen.


"Die Chance, anderen etwas zu zeigen, was man auf dem eigenen Rechner hat, die technische Möglichkeit, Handzeichen anzuzeigen oder per Emoticon seine Gefühle zu bekunden, das war zwar neu, aber hat auch viele Vorteile." Außerdem ermögliche das neue Tool ein schnelleres und strukturiertes Arbeiten. "Wenn man erst anreisen muss für eine Besprechung, kostet es oft einen ganzen Tag. So aber sind wir nach ein oder zwei Stunden fertig."


Bei Deloitte steht am Ende einer eLearning-Maßnahme manchmal ein Test. Katrin Rohmann, Partner im Bereich Financial Services Industry, mutmaßt: "Die Möglichkeit der Kontrolle beeinflusst auch die Akzeptanz." Sie selbst hat beobachtet, dass die inhaltliche Qualität der Angebote inzwischen "adäquater" ist als früher. Die Managerin selbst nutzt Online-Ressourcen um sich fortzubilden, "weil einem bei Fachthemen, die ständigen Veränderungen unterworfen sind, die Geschwindigkeit des Mediums zugute kommt."