Strafprozessordnung

Gesetzesschulung mit Blended Learning

Wien, September 2007 - (von Mag. Peter Glanninger, Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres in Österreich) Am 1.1.2008 wird in Österreich eine neue Strafprozessordnung (StPO) in Kraft treten. Mit dieser Gesetzesreform ist eine umfassende Neuregelung des strafprozessualen Vorverfahrens und der damit verbundenen Kompetenzen, Kooperationen und Prozeduren verbunden. Auf Seiten des österreichischen Bundesministeriums für Inneres (BMI) sind von dieser Reform ungefähr 25.000 Polizeibeamte betroffen



Die Herausforderung für den Schulungsbereich des BMI lag darin, im Zeitraum von der Beschlussfassung 2004 bis zum in Kraft treten die Kollegen so nachhaltig mit den Inhalten vertraut zu machen, dass sie ab 2008 alle strafrechtlichen Delikte auf Grundlage der neuen StPO bearbeiten können. Die Größe der Zielgruppe, ihr unterschiedlicher Spezialisierungsgrad und ihre Verteilung über ganz Österreich markieren dabei die wesentlichen Problemfelder.

In der Vergangenheit wurden solche Schulungsprojekte bei der österreichischen Exekutive in Form von Präsenztrainings durchgeführt. Aufgrund der langen Zeitdauer und der Anzahl der zu Schulenden war aber von Beginn an klar, dass diesmal auch eLearning eine wesentliche Bedeutung gewinnen würde.

Das vom Zentrum für Unterrichtsmedien der Sicherheitsakademie des BMI entwickelte Blended Learning Konzept folgte dabei neuen Wegen und setzte auf zwei wesentliche Bereiche: auf Lernbegleitung und eine nachhaltige Sicherung der Lernergebnisse durch eLearning. Wegen der langfristigen Vorbereitung, da alle Beteiligten rechtzeitig eingebunden wurden und die einzelnen Schritte sorgfältig geplant und koordiniert waren, verlief das Gesamtprojekt mehr oder minder reibungslos.

Die Österreich weiten Präsenzschulungen begannen im September 2006 und werden noch bis Ende 2007 andauern. In einem ersten Schritt müssen Exekutivbeamte ein mehrtägiges Seminar zum Thema absolvieren. Parallel dazu werden vier eLearning-Module mit den theoretischen Inhalten der neuen StPO in Form von WBT angeboten. Die Inhalte für diese WBTs wurden durch ein Redaktionsteam erstellt, vom Zentrum für Unterrichtsmedien produziert und umgesetzt und im Lernportal des BMI, SIAK-Campus, zur Verfügung gestellt.

Gleichzeitig wurde den Trainern auf der Lernplattform die Möglichkeit geboten, sich in einem Diskussionsforum zum Thema auszutauschen. Die inhaltlichen Anregungen dieses Forums wurden in einem umfassenden Fachglossar zusammengefasst, das wiederum auf der Lernplattform für jedermann nutzbar ist. Weitere zusätzliche Materialien ergänzen als Downloads das Gesamtangebot. Als vorerst letzter Schritt wurden neben den theoretischen Modulen noch drei interaktive Fallbeispiele als WBT produziert, um die Polizeibeamten besser an die praktischen Anwendungsbereiche heranzuführen.

Von Anfang an standen jedem Exekutivbeamten mehrere Wege offen, sich schon vor dem Präsenztraining in das neue Gesetz einzuarbeiten und später sein Wissen ständig zu aktualisieren und zu vertiefen. So ist mit den eLearning-Angeboten auch eine nachhaltige Sicherung des Lernerfolges verbunden.

Obwohl diese Konzeption nicht dem herkömmlichen Ansatz von Blended Learning folgt, sondern eher den Charakter von "systemischem eLearning" hat, ist eine nach Form und Methode sehr differenziert strukturierte Lernarchitektur für das Thema StPO 2008 entstanden, die den Benutzern viele Möglichkeiten und Zugänge bietet. Da jeder Polizeibeamte aufgrund des Sachzwanges ab 2008 mit dem neuen Gesetz arbeiten muss, ist auch die Motivation, die eLearning-Umgebung zu nutzen sehr hoch. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt wurden von den Bediensteten rund 2000 Lernstunden für die Lernmodule aufgewendet. Derzeit ist ein starker Trend nach oben festzustellen, da der Zeitpunkt des Inkrafttretens immer näher rückt.

Eine besondere Bedeutung werden die eLearning-Angebote dann bekommen, wenn das Gesetz angewandt werden muss und erste Fragen aus dem praktischen Vollzug auftreten. Hier bietet der eLearning-Ansatz die Chance, schnell und effizient die nötigen Informationen zu bekommen. Mit der Lernplattform stehen auch weiterhin Diskussionsforen oder FAQs zum Wissensaustausch zur Verfügung. Und zwar über die Präsenztrainings hinausgehend, solange bei den Benutzern ein Bedarf danach besteht.