Paradigmenwechsel

Wie sich elektronische Erwachsenenbildung ändert

Düsseldorf, Januar 2011 - Wenn Brummifahrer Bernd Solarmodule von Dresden nach Hamburg liefert, hört er sich übers Smartphone aktuelle Änderungen zum Gefahrgut-Transport an. Bevor Servicekraft Svenja ihre Schicht im Selbstbedienungs-Restaurant beginnt, schaut sie sich auf dem iPad einen Kurzfilm zur Reklamationsbearbeitung an. Und falls Assistentin Astrid nicht mehr weiß wie sie eine Excel-Tabelle formatiert, sucht sie in der Online-Bibliothek nach der Befehlskette.

Die Welt des Lernens im Berufsleben hat sich in den vergangenen Jahren rasant gewandelt.


Grund dafür ist zum einen die Fülle an Rechtsvorschriften, Firmeninformationen oder EDV-Anwendungen, die sich ändern und leicht mal vergessen werden können. Fast täglich hagelt es neue Vorschriften, Erlasse und Anwendertipps. Zum andern kann sich jeder durch mobile Endgeräte wie Laptop oder Handy unabhängig vom Ort mit Wissen versorgen.


Wie und warum Lkw-Fahrer, Gastronomie-Leute und Büro-Arbeiter mit elektronischen Hilfsmitteln lernen, damit beschäftigt sich das Fraunhofer-Institut für angewandte Informationstechnik (FIT). Forscher Martin Wolpers legt derzeit den Fokus darauf wie Lernende digitale Informationen sammeln und sie einsetzen. Dabei kommt Erstaunliches zu tage. Der Trend geht "hin zu offenen Lernumgebungen, in denen der Mensch sich seine digitale Lernumgebung selbst zusammenstellt", erklärt Wolpers.


Standardisierte Inhalte wie sie aus den altbewährten Seminaren bekannt sind, gehören demnach bald der Vergangenheit an. "Vielmehr picken sich die Leute aus unterschiedlichen Quellen Informationen zusammen, die sie zum Erledigen der täglichen Arbeit brauchen", verdeutlicht Stefan Janssen, Europachef von SkillSoft, Anbieter von eLearning-Software. Das können Online-Bibliotheken, virtuelle Management- oder IT-Kurse genauso sein, wie technische Produktvideos. Lernen Just-in-time ist die Devise.


Hinzu kommt der kostbare Faktor Zeit. "Nur wenige sind bereit, wochenlang auf ein Seminar zu warten, das sie fit in Outlook macht", sagt Janssen. Stattdessen wollen die Menschen sofort Lösungen für knifflige Problemstellungen. Zudem ändere sich die Nachfrage: Unternehmen suchen statt Kursen mit einer Dauer von mehreren Stunden kürzere Schulungseinheiten. Bis maximal 90 Minuten am Stück seien etwa Führungskräfte bereit, für eine Weiterbildung zu investieren, sagt er.


Auch ändere sich das Rollenverständnis. Wolpers etwa erwartet, dass künftig "der Lehrer zum Tutor wird und jeder Lerner auch mal Lehrer ist". Kommunikationswerkzeuge wie sie in sozialen Netzwerken bei Facebook oder Xing eingebaut sind, ermöglichen einen Paradigmenwechsel. Sobald Nutzer bloggen, kommentieren oder empfehlen können, verwischt die klassische Lernform mit einem Lehrer und vielen Schülern.


Dennoch zweifelt der Fraunhofer-Forscher daran, dass virtuelles Lernen jede andere Form des Wissenserwerbs hinter sich lässt. "Der Erfolg hängt vom jeweiligen Lernszenario ab", sagt Wolpers und nicht nur von der Technik. Er nennt als Beispiel die Grundschulen. Dort habe das Schreiben lernen nichts mit dem Computer zu tun. Ob und wie ein Kind diese Fähigkeit erlernt, hänge vielmehr vom Lehrer, dem Umfeld und der Übung zuhause ab.


Dennoch ist der Trend einer sich wandelnden Lernwelt deutlich erkennbar. Zu sehen ist das unter anderem auf der LEARNTEC. Die Fachmesse für elektronisches Lernen findet vom 1. bis 3. Februar in Karlsruhe statt. 180 Aussteller zeigen, was mit mobilen Anwendungen, und sozialem Lernen möglich ist.
SkillSoft/NETg zeigt seine Anwendungen an Stand E10 in Halle 1.