Digitale Landakademie

Online-Kurse über Euterpflege beim Milchvieh

Eschdorf, Dezember 2012 - (von Prem Lata Gupta) Sie lernen per Webbased-Training, sich gegen Resistenzen zu schützen und lassen sich online als Herdenmanager weiterbilden. Es hat ein wenig gedauert, doch inzwischen stellen eLearning-Angebote für Landwirte keine böhmischen Dörfer mehr dar. Dr. Matthias Basedow hat die virtuelle Landakademie des Bauernverlages von Anfang an begleitet. Er begründet das digitale Engagement für diese spezielle Zielgruppe. "Landwirte sind wegen ihrer beruflichen Pflichten an den Hof gebunden."




Dr. Matthias Basedow: Nicht wirklich. Und es entwickelt sich. Wir haben bei unseren eLearning-Aktivitäten - bedingt durch die Themen unserer Printtitel - vor vier Jahren anfangs zunächst den Endverbraucher im Blick gehabt. Dabei sind zum Beispiel Angebote zum Wissenserwerb über Kräuteröle oder die Rosenpflege entstanden. Aber es zeigte sich schnell: da würde man lange auf den Break Even warten. Daher haben wir die Strategie geändert: Heute entwickeln wir eLearning-Anwendungen für Unternehmensleiter und Angestellte von landwirtschaftlichen Betrieben sowie für Unternehmen im Agribusiness.


Meint Agribusiness den Landmaschinenhersteller, der ebenfalls eLearning offeriert?


Dr. Matthias Basedow:
Unter anderem. Dabei verwenden diese Unternehmen unsere Produktionen. Dass diese von der Landakademie sind, ist für seine Kunden allerdings nicht sichtbar. Wir arbeiten auch mit Bildungspartnern, die früher ausschließlich auf Präsenzveranstaltungen gesetzt haben. Die koppeln inzwischen unsere Internet-Kurse mit ihren Seminaren, das ergibt dann Blended Learning und ist damit wesentlich zeitgemäßer.


Aber ist es nicht so, dass Landwirte überwiegend Standardanwendungen des Internets nutzen - und alles, was darüber hinausgeht, nur wenig in Anspruch nehmen?


Dr. Matthias Basedow:
Es gibt Generationsunterschiede. Die jungen Leute kennen dies aus der beruflichen Ausbildung, weil auch die Industrie schulisches Material in digitaler Form dafür zur Verfügung stellt. Und sie nutzen das Internet natürlich jahrelang schon für private Zwecke. Andererseits ist es so, dass die Landwirte nahezu 100 Prozent über Internet verfügen und dies auch für betriebliche Zwecke nutzen. Wenn zum Beispiel ein Kalb geboren ist, muss dies gemeldet werden. Und das geschieht bevorzugt online.


Wie steht es denn mit der Bereitschaft sich weiterzubilden?


Dr. Matthias Basedow:
Es gibt fast 300.000 Landwirte. Davon sind etwa 200.000 Landwirte an Weiterbildung interessiert, das wissen wir - und sie bezahlen auch dafür. Wie viele gegenüber dem Lernen über das Internet offen sind, zeigt sich gerade.


Wie lassen sich Landwirte für internetbasierte Lernangebote erwärmen?


Dr. Matthias Basedow:
Bei uns existierte beim Start der Landakademie mit unseren Printtiteln bereits ein redaktionelles Umfeld. Wir konnten die Startphase redaktionell auf der Printebene und mit Anzeigen begleiten. Das war von Vorteil, um unser Angebot anzuschieben. Aber unsere Zielgruppe weiß selbst um die Notwendigkeit sich weiterzubilden.


Warum?


Dr. Matthias Basedow:
Weil sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Auflagen für landwirtschaftliche Betriebe permanent ändern. Zudem werden die fachlichen Anforderungen an Betriebsleiter und auch Mitarbeiter in der Landwirtschaft wie in vielen anderen Wirtschaftsbereichen immer höher. Und letztlich lassen sich durch verbesserte Kenntnisse auch wirtschaftlich bessere Ergebnisse erzielen. Letzteres betrifft zum Beispiel unsere Weiterbildungsmaßnahme "Liquiditätsmanagement".


Andere Online-Kurse vermittelt vertiefendes Wissen zum Fruchtbarkeitsmanagement bei Milchvieh oder über präventive Maßnahmen in puncto Mastitis. Das ist eine Euterkrankheit bei Milchkühen. Bei letzterem Thema zeichnet sich ab, dass künftig nur noch in bestimmten Situationen Antibiotika verabreicht werden dürfen. Umso wichtiger sind Vorsorge und Pflege für den Milchviehbetrieb.


Was verbirgt sich hinter dem Sachkundenachweis Pflanzenschutz?


Dr. Matthias Basedow:
Den müssen Landwirte inzwischen alle drei Jahre erbringen. Früher wurde mit der Berufsausbildung unterstellt, dass Landwirte über das nötige Fachwissen verfügen. Seit kurzem schreibt der Gesetzgeber vor, dass die Anwender ihr Wissen aktualisieren und auch nachweisen müssen, und zwar regelmäßig.


Wie umfangreich sind die Kurse der Landakademie?


Dr. Matthias Basedow:
Manche dauern nur eine Stunde, andere wie unser Angebot zum Pflanzenschutz umfassen 15, 16 Stunden. Dabei sind es reine Selbstlernangebote.


Sie beinhalten keine Interaktivität?


Dr. Matthias Basedow:
Interaktivität im Sinne von Übungen und ähnliches natürlich - dies ist ein besonders wichtiges Element unserer Kurse. Im Forum kann der Lernende zudem Fragen an einen betreuenden Experten stellen, wenn er eine individuelle Frage hat. Bei uns wird zwar nicht gechattet, aber dafür stellen wir durch die fachkundige Betreuung, die immer praxisbezogen antwortet, einen echten Bezug zur individuellen Situation auf dem Bauernhof und somit auch den Transfer des Gelernten in den praktischen Betrieb sicher.


Wie kommt Ihr Angebot denn an?


Dr. Matthias Basedow:
Es läuft sehr gut. Letztes Jahr sind wir mit der Beta-Phase der ersten Kurse gestartet. Inzwischen existieren fünf verschiedene Angebote. Derzeit bereiten wir weitere Online-Kurse vor. Auch die Industrie steigt inzwischen mit eigenen Anwendungen ein. Wir gehen davon aus, dass sich eLearning für Landwirte in zwei bis drei Jahren etabliert hat.


Voraussetzung für echten Erfolg ist allerdings, dass die Fachkompetenz wie bei uns von Anfang an im Haus vorhanden war. Wir haben das Wissen über Landwirtschaft und kennen die Zielgruppe. Für Zahntechniker würde ich derzeit wohl eher keine Kurse entwickeln wollen.