Simulator-Training in der Veterinärmedizin
Wien, Januar 2016 - In der klinischen Ausbildung von Studierenden der Veterinärmedizin werden immer häufiger Simulatoren eingesetzt. Damit soll der Einsatz lebender Tiere zu Übungszwecken deutlich reduziert, aber auch den Studierenden ein stressfreies Lernen und Üben ermöglicht werden. WissenschafterInnen der Vetmeduni Vienna haben erstmals gezeigt, dass Simulator-Training ähnlich gute Lernerfolge bringt, wie das Training am lebenden Tier. Studierende, die am Simulator üben, sind außerdem später, wenn es an das lebende Tier geht, weniger gestresst. So die Ergebnisse zweier Studien.
Simulatorbasiertes Training in der Lehre gibt es an der der Veterinärmedizinischen Universität Wien bereits seit 2012. Im sogenannten Skills Lab, einem speziell ausgestatteten Trainingszentrum, trainieren die angehende Tierärztinnen und Tierärzte beliebig oft an Dummies in einer wirklichkeitsnahen tiermedizinischen Übungspraxis mit OP und Labor. Sie üben so Fertigkeiten ein, die sie später im klinischen Alltag beherrschen müssen.
Aber hat das Training am Simulator für die Studierenden wirklich einen ähnlichen Lerneffekt wie die Ausbildung am Tier? Christina Nagel und Christine Aurich von der Plattform für Besamung und Embryotransfer an der Vetmeduni Vienna haben gemeinsam mit weiteren KollegInnen untersucht, wie effizient das Üben am Simulator in der Lehre eigentlich ist.
25 Studierende des fünften Semesters übten dafür einen gynäkologischen Untersuchungsgang am Pferd. Sie wurden in drei Gruppen aufgeteilt, die für das Ertasten des weiblichen Genitaltraktes und eine anschließende Ultraschalluntersuchung unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung hatten. Die erste Gruppe übte den Untersuchungsgang vier Mal an einem Simulator, einer Pferdeattrappe aus Kunststoff. Die zweite Gruppe übte vier Mal am lebenden Pferd. Ebenfalls am lebenden Pferd, jedoch nur ein einziges Mal trainierte die dritte Studierendengruppe.
Simulator-Training ist annähernd so effizient wie das Lernen am Tier
Zwei Wochen später überprüften die WissenschafterInnen den Lernerfolg, indem die Studierenden den Genitaltrakt einer lebenden Stute untersuchen mussten. Studierende, die zuvor vier Mal am lebenden Pferd geübt hatten, schnitten dabei am besten ab. Jene, die zuvor nur einmal am Pferd üben durften am schlechtesten. Die Simulator-Gruppe lag in etwa dazwischen. Die geübten Ultraschalluntersuchungen zeigten in allen drei Gruppen einen gleichen Lernerfolg.
"Das Üben am Simulator bereitet die Studierenden sehr gut auf die klinische Arbeit am lebenden Pferd vor", erklärt die Erstautorin Christina Nagel. "Unsere Simulatoren bilden nicht nur eine wichtige Ergänzung für unsere Studierenden, sondern sind auch ein Beitrag zum Tierschutz. Erst wenn die Studierenden das Training am Simulator erfolgreich absolviert haben, dürfen sie die gleichen Untersuchungsschritte auch am Tier durchführen."
Souveränen Umgang mit Tieren lernen
Wieviel Stress ein Tier erlebt, an dem geübt wird, hat Christine Aurich von der Plattform Besamung und Embryotransfer bereits 2007 untersucht. Nun interessierte sie sich auch dafür, wie es Studierende beim Üben am Tier und am Simulator geht. Studierende, die am Simulator übten, sind später, wenn es an das lebende Tier geht, weniger gestresst. So das Ergebnis einer weiteren aktuellen Studie von Nagel und Aurich im Fachblatt Reproduction in Domestic Animals. Basis dieser Schlussfolgerungen waren Messungen der Herzschlagrate und des Cortisol-Spiegels im Speichel der Studierenden vor und nach dem Training.
"Das Ergebnis bestärkt uns darin, die Ausbildung der angehenden Tierärztinnnen und Tierärzte am Simulator weiter zu forcieren. Wiederholtes Üben ist die beste Voraussetzung, um die klinisch-praktischen Fertigkeiten und Handgriffe fachgerecht und sicher zu beherrschen. Unsere Studierenden gewinnen dabei erste Routine und Selbstvertrauen und werden so bestmöglich auf den Kontakt mit den Tierpatienten vorbereitet. Außerdem werden dabei unsere Tiere im Sinne des Tierschutzes geschont", so Aurich.
Die Studie zur Stressbelastung bei Studierenden wurde vom Kompetenzzentrum für eLearning, Didaktik und Ausbildungsforschung in der Tiermedizin (KELDAT), einem Projekt der tierärztlichen Ausbildungsstätten in Österreich, Deutschland und der Schweiz gefördert.