eLearning mit Accenture

"Compliance-Training ist eine gute Investition"

Wien, Juni 2010 - (von Prem Lata Gupta) Jeder weiß, dass Accenture weltweit als Unternehmensberatung tätig ist. Große Konzerne holen sich insbesondere bei Change-Prozessen die Unterstützung der externen Berater. Was weniger bekannt ist: Um alle Mitarbeiter in die anstehenden Veränderungen einzubeziehen, setzt Accenture auch auf eLearning-Anwendungen. Kommunikation und Schulung in puncto Compliance ist dabei zunehmend gefagt. Dies bestätigt Accenture-Partner Johannes Cruyff, der global verantwortlich ist für Learning Design & Delivery. Allerdings warnt er davor, Ethik und Compliance als lästige Pflichtveranstaltung zu betrachten.




Wenn es nach Accenture geht, wünschen Sie sich einen ganzheitlichen Ansatz beim Thema Compliance. Sie sehen es zum Beispiel angedockt an Change-Prozesse. Vertreten Ihre Kunden denselben Standpunkt?

Johannes Cruyff: Nicht immer, leider. Wenn wir jetzt nur mal die Mitarbeiterebene betrachten, gibt es grundsätzlich zwei Extreme: Da sind zum einen Unternehmen, die schlicht den Nachweis erbringen wollen, dass ihre Mitarbeiter informiert und geschult sind.


Andere haben einen ganzheitlichen, reiferen Blick. Sie realisieren, dass Compliance eigentlich eine Komponente der Unternehmenskultur ist, die auch ethisch-moralische Aspekte umfasst. Sie wollen ihre Mitarbeiter aktivieren darüber nachzudenken, wie ein Unternehmen idealerweise handelt und bringen dies in verbindliche Grundsätze.

Alle reden davon, dass sich vor allem Finanzdienstleister durch Compliance-Anstrengungen auszeichnen. Wer ist ebenfalls weit vorn?

Johannes Cruyff: Firmen, die global tätig sind - also beispielsweise die meisten Hightech-Unternehmen. Aber es gibt auch kleinere, die nicht einen solchen Aktionsradius haben, die sich aus ihrer Unternehmenskultur heraus ebenfalls sehr ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen.

Wie gehen Firmen mit der Idee um, Compliance-Wissen auch mittels eLearning-Anwendungen zu vermitteln?

Johannes Cruyff: Selbst für Unternehmen, die vorher nicht oder kaum eLearning eingesetzt haben, scheint es in puncto Compliance die erste und manchmal leider auch die ausschließliche Wahl zu sein. Für viele Unternehmen ist es sogar der erste ernsthafte Berührungspunkt mit eLearning. Einfach weil sie alle Mitarbeiter schnell, homogen und nachweislich erreichen. Die Qualität der Produkte ist allerdings höchst unterschiedlich.


Es gibt Fälle, bei denen sich Mitarbeiter eine Stunde durch ausschließlich textbasierte Unterlagen geklickt haben. Danach durften sie unterschreiben, dass sie geschult sind und die Verantwortung übernehmen. Solch ein Vorgehen halte ich für kontraproduktiv: Da bleibt nichts hängen, es wird keine Idee vermittelt, der einzelne wird im negativen Sinne auf sich selbst zurückgeworfen. Das kann Compliance sogar zu einem angstbesetzten Thema machen.

Und was ist der umgekehrte Fall?

Johannes Cruyff: Dass man Compliance top-down nicht als eine weitere Regel ansieht, sondern als sinnhaftig. Ein Unternehmen, das ethisches Geschäftsgebaren und Compliance lebt, will ernsthaft etwas verändern. Management und Mitarbeiter schaffen Werte. Das zeigt Wirkung nach innen und außen. Man darf auch nicht vergessen, dass heutzutage gerade Young Professionals darauf achten, ob sie einen potenziellen Arbeitgeber als korrekt und glaubwürdig empfinden.


Compliance-Training richtig verstanden, ist eine gute Investition. Compliance als Alibi dagegen heißt Geld zu verbrennen.

Ist die Affinität zu Compliance-Themen innerhalb der Unternehmens-Hierarchien denn unterschiedlich ausgeprägt?

Johannes Cruyff: Das hängt wieder vom Ansatz ab. Wird es nur als -žRegel und Kontrolle-œ eingeführt, kommt die Glaubhaftigkeit beim einfachen Mitarbeiter nicht immer an. Aber dies muss nicht sein. Es hängt von der Unternehmenskultur und von gelebter Leadership ab: Wenn offen diskutiert wird, wenn Veränderungen transparent gemacht und vorgelebt werden, dann kann Change oder die Verpflichtung zu ethischem Handeln sich auch zu einer sehr mächtigen Bottom-up-Bewegung entwickeln.

Wer Ethik und Compliance so auffasst, müsste ja eigentlich auf anspruchsvolle eLearning-Anwendungen setzen...

Johannes Cruyff: Nicht nur eLearning - eLearning kann und sollte eine Komponente sein, aber es ist nicht die alleinige Lösung. Wenn allerdings, sollte man es richtig machen. Wir arbeiten als Unternehmensberatung daher nicht mit Standardlösungen - wir sind ja kein Learning-Anbieter - sondern kreieren Business-Lösungen. Damit meine ich kundenspezifische Anwendungen, die Unternehmenskultur, Vorwissen und Branche berücksichtigen. Sehr wichtig ist, den Kunden am richtigen Punkt abzuholen, den Roll-out genau zu planen. Bei Accenture sind rund 1.000 Mitarbeiter dafür zuständig, die richtige Learning-Lösung für unsere Kunden zu entwickeln.

Sie bieten also mehr als Multiple-Choice?

Johannes Cruyff: Abgesehen davon, dass die Fragestellung -žwelche Aufgabentypen bieten Sie-œ für mich die falsche Herangehensweise ist: Auf jeden Fall. Richtiger wäre allerdings zu fragen, -žwieviel Business-Erfahrung bringen Sie mit-œ - denn dann ergibt sich automatisch zum Thema Compliance, dass einfache Wissensabfragen nicht geeignet sind, das strategische Ziel zu erreichen. Daher werden in der Regel bei eLearnings zu Compliance Szenarien durchgespielt. Der Nutzer muss schon im Training erleben, was die Konsequenz ist, wenn er sich nicht-compliant verhält.

Evaluieren Sie mit zeitlichem Abstand auch, ob der Transfer in den Arbeitsalltag, in das konkrete Verhalten, gelungen ist?

Johannes Cruyff: Compliance darf nicht als Einmal-Aktivität missverstanden werden. Natürlich geht es auch um Zertifizierungen, aber grundsätzlich sollte die Thematik immer wieder aufgefrischt werden. Wobei ein Training allein auch nicht zielführend ist, dazu bedarf es vieler flankierender Maßnahmen.