ELearning in Österreichischen Unternehmen
Wien, September 2010 - Julia Jäger von common sense - eLearning & training consultants - wollte wissen, wie und wo computerunterstützte Bildung in Österreichischen Unternehmen und Organisationen verankert ist und fragte eLearning-Verantwortliche aus Handel, Versicherungswesen, Mobilkommunikation, Industrie, Finanz und NGO nach ihren Einschätzungen und Erfahrungen. Das Ergebnis verweist auf ein stabiles Hoch in der Alpenrepublik.
ELearning wird in Österreich vor allem in der Ausbildung neuer Mitarbeiter, oft auch für Software- oder Prozesstrainings, für Produktschulungen, als Unterstützung und Ergänzung von Präsenztrainings - dort zumeist im Blended Learning-Verfahren - und mit Schnittstelle zum Wissensmanagement eingesetzt.
Anstöße zum Einsatz von eLearning als Trainingsmethode kommen aus verschiedenen Richtungen: Zum einen sind es einzelne Abteilungen von Unternehmen und Organisationen, die sich dafür engagieren, ihre Lerninhalte didaktisch neu aufzubereiten. Dieser Prozess sorgt für durchdachte Inhalte und damit auch für eine Nivellierung der Qualität von Trainingsmaterialien innerhalb des Unternehmens.
Zum anderen kann der Impuls auf strategischen Überlegungen der Führungsebene basieren. Die Geschäftsleitung unterstützt verantwortliche Projektleiter durch Rückendeckung von oben und fordert nach positiv abgeschlossenen Pilotprojekten weitere Erfolge.
Daneben zeichnen zu einem weiteren großen Teil - ganz klassisch - die Personalentwickler und HR-Abteilungen für eLearning-Aktivitäten verantwortlich.
"Es gibt nur Vorteile" meint Susanne Lechner, zuständig für HR, Training und Coaching beim Möbelhaus Leiner: "Die Mitarbeiter und ich haben keine Schwachstellen gefunden."
Die Vorteile von eLearning in Unternehmen liegen auf der Hand: schnelle Weitergabemöglichkeit von aktuellen, rasch adaptierbaren Inhalten; eLearning erreicht viele Mitarbeiter und eine Lernzielkontrolle ist fast unmittelbar durchführbar. Inhalte werden standardisiert und sind didaktisch motivierend aufbereitet, der Einsatz von neuen Medien bringt Abwechslung und einen Methodenmix in die Aus- und Weiterbildung.
Für Dietmar Grasböck, eLearning Verantwortlicher bei Fronius International ist "Verfügbarkeit das wichtige Stichwort". Bei einem Neueintritt haben die Mitarbeiter ein Gefühl von mehr Sicherheit und geringerer Schwellenangst, weil sie gleich mit einem Computer und Internetanschluss voll ins Arbeitsleben einsteigen können. Sie können die Kurse beliebig oft wiederholen und der Abschlusstest mit dem besten Ergebnis zählt. Einführende Präsenztrainings werden durch eLearning optimal ergänzt, die Inhalte können wiederholt werden oder alle Lernenden werden vorbereitend auf einen gemeinsamen Wissenstand gebracht.
Fronius, Hersteller von Produkten der Solarelektronik, Schweißtechnik und Batterieladesysteme, unterstützt das interne Wissensmanagement "alteingesessener" Mitarbeiter innovativ durch ein Wiki-System, vor allem bei Wissensaufzeichnung zu Geschäftsprozessen. Die Mitarbeiter entdecken den Mehrwert dieses Systems inzwischen langsam selbst. Benutzer brauchen nicht mehr nachzufragen, sondern können schnell nachsehen und auch eigenverantwortlich Inhalte einstellen.
Die Akzeptanz von "Lernen mit und am Computer" ist in manchen Unternehmen bereits sehr hoch, in anderen wird mit guten Ideen internes Marketing betrieben. So können Mitarbeiter, die freiwillig an einem Kurs teilnehmen, am Flughafen Wien aktuell monatlich ein Netbook gewinnen. T-Mobile promoted seine eLearning Plattform durch attraktive Gewinnspiele, bei denen die Mitarbeiter nebenbei auch noch Neues lernen. Die Niederösterreichische Versicherung setzt auf didaktisch ansprechende Lernsequenzen.
Akzeptanz hoch, Support durch die Geschäftsführung - was fehlt dann eigentlich noch?
Die größten Herausforderungen für bisherige und neue eLearning-Projekte sieht Alexander Kurucz vom Österreichischen Roten Kreuz bei der Überzeugung der Lehrenden und Trainer. Anderswo geht es (noch) um technische Hindernisse; oftmals fehlen eLearning-Teams. Die Arbeit bleibt häufig bei einzelnen eLearning-Verantwortlichen hängen und wird nicht auf ausreichend qualifizierte Teams ausgeweitet.
Natürlich können Leistungen rund ums eLearning extern zugekauft werden, so zum Beispiel der Betrieb einer Lernplattform oder die Entwicklung von Web Based Trainings. Insgesamt wollen aber viele eLearning-Verantwortliche die Kompetenzen lieber inhouse wissen.
ELearning-Maßnahmen decken bisher nur einen sehr kleinen Teil der Aus- und Weiterbildung von Unternehmen ab. In manchen Organisationen stecken die Projekte noch in den Kinderschuhen, andere haben schon jahrelange Erfahrung mit computerunterstützten Trainings. Alle Befragten aber sind sich einig, dass diese Art der Vermittlung von Lerninhalten zunehmen wird. Sie schätzen, dass eLearning-Formate in den nächsten fünf Jahren ca. 40 bis 45 Prozent der gesamten Ausbildungsmaßnahmen abdecken werden.
Wesentliche Erfolge sind für die Projektleiter teilweise objektiv messbar: die hohe Zahl der angemeldeten Benutzer und erfolgreichen Lernenden, die Verbesserung des Wissensstandes und der Sicherheit im Anwenden der gelernten Prozesse und positiv ausgefüllte Evaluierungsbögen. Manche Erfolgskriterien lassen sich nicht so leicht messen, wie die Akzeptanz bei den Mitarbeitern, die Selbstverständlichkeit von eLearning als Teil der Lernkultur, die Verbesserung der Trainingsqualität durch einen optimalen Methodenmix und eine insgesamte Verbesserung der Unternehmenskommunikation.
Was wünschen sich Österreichs eLearning Verantwortliche?
Grundsätzlich sind die meisten befragten Personen sehr zufrieden mit dem Verlauf ihrer Projekte. "Für manche Ziele bräuchte es noch mehr Budget und Personal", "gute Leute, die entsprechend ausgebildet sind, um eLearning Projekte technisch, medial und didaktisch zu unterstützen".
Auch Wünsche an die Lernplattform werden von den Befragten genannt. Andreas Raith von der Niederösterreichischen Versicherung: "Eine Lernplattform, die alle Stückerl spielt - auf der die gesamte Seminar- und Kursverwaltung läuft und mit der am besten auch noch Skills und Talentemanagement abgedeckt werden kann."
Alexandra Pattermann von T-Mobile skizziert ihr Wunschszenario: "Die Mischung: eLearning, eTesting, virtuellem Klassenraum und face-to-face-Schulungen, das wär doch richtig schön, und das für alle Mitarbeiter im Unternehmen. Das Beste wäre, wenn das konsequent durchgeführt wird, alle committen sich dazu."
Und Alexander Kurucz vom Österreichischen Roten Kreuz träumt von eLearning 2.0: "Das Schönste, was zu erreichen wäre: in fast allen Ausbildungsbereichen gehört eLearning als normale Methode dazu, wie Gruppenaufgaben in einem Seminar: Wir twittern uns die wichtigsten Erkenntnisse im Seminar zu, wir machen schnell ein Forum auf, wir machen schnell ein Video."
Sonnige Aussichten also für eLearning in Österreichischen Unternehmen. Diese wissen inzwischen, ob und wofür sie eLearning-Maßnahmen brauchen und wollen. Aus dem Hype ist alltägliche Praxis geworden, die nicht länger von der eLearning Branche stimuliert werden muss. Die Unternehmen entwickeln ihre eigenen Prozesse und sind sich über die Bedürfnisse und Ansprüche klarer. Für eLearning Anbieter heißt dass, noch individualisierter auf Kundenwünsche eingehen zu müssen.