Warum chatten?
St. Gallen, November 2005 - (von Anja Janus) Warum soll Lina mit Leila im Diskussionsforum chatten, wenn sie sie doch gleich in der Mensa trifft. Wie sieht eLearning im Uni-Alltag aus und wie nehmen die Studierenden neue Lernmethoden an? Die Universität St. Gallen gilt als führend, was die strukturelle Einbindung digitaler Medien in die Studienstruktur angeht.
Beim mediendidaktischen Hochschulpreis Medidaprix 2005 landete die Uni mit ihrem Konzept unter den fünf Finalisten in der Kategorie Hochschulentwicklung. Doch Studierende stünden eLearning oft noch skeptisch gegenüber, so Franziska Zellweger, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Wirtschaftspädagogik an der Uni St. Gallen.
Ohne Mehrwert kein elearning
Für Studierende müsse ein ganz klarer Mehrwert beim elearning oder Einsatz digitaler Medien erkennbar sein, so die Erfahrung von Zellweger. Bei Diskussionsforen ist das an einer überschaubaren Uni wie in St. Gallen nicht der Fall, der persönliche Austausch ist viel nahe liegender. Fazit: Diskussionsforen werden schlecht angenommen, es sei denn in wirklich großen Kursen mit beispielsweise 800 Studierenden und mehr.
2001 hat die Universität St. Gallen (HSG) ihre Studienstruktur radikal umgestellt. eLearning, beziehungsweise das mediengestützte Selbststudium, ist dabei eine der drei Säulen der neuen Struktur und hat einen Anteil von 25 Prozent am gesamten Studien- und Prüfungsumfang. Mit dem Selbststudium sollen auch überfachliche Kompetenzen erworben werden, wie das Erlernen kooperativer Arbeitsformen und Medienkompetenz.
Doch bisher ist das noch Wunschdenken der Uni. Laut einer Befragung in 2004, verfolgten die Studierenden keine überfachlichen Lernziele, da diese nicht prüfungsrelevant seien. Daher ist die Uni nun dabei, Prüfungsformate zu entwickeln, die auch die überfachlich erworbenen Selbstlernkompetenzen bewertet.
Niedrigschwellig anfangen
Um den Wechsel von der traditionellen Präsenzlehre zum technologiegestützten Unterricht für alle zu ermöglichen, hat sich die Uni bewusst für einen niedrigschwelligen Zugang zum eLearning entschieden. -žDie Universität muss ihr Wissen im Umgang mit Selbststudium beziehungsweise eLearning erst langsam erwerben-œ, so Dieter Euler, Direktor des Instituts für Wirtschaftspädagogik. Das heißt, dass erst einmal alle Kursunterlagen online zur Verfügung gestellt und, nach und nach auch anspruchsvollere eLearning Komponenten entwickelt werden. Daher beschränkt sich der Einsatz digitaler Medien noch zu häufig auf das Einstellen von Vorlesungsskripten. Für Studierende nicht immer ein Vorteil, da sie die Skripte nun selbst ausdrucken müssen.
Der PC ist für Studierende eher ein Organisationstool. Zum Verwalten zum Suchen und zum Runterladen der Skripte aus den Vorlesungen. Als Instrument für eLearning ist er bei den Studierenden noch nicht angekommen. Die Lernplattform beispielsweise wird laut der Befragung eher als -žDatenplattform-œ genutzt. Die Potenziale des eLearning würden so nicht ausgereizt, so Zellweger.
Wie kann man das Selbststudium den Studierenden schmackhaft machen?
Die Universität St. Gallen hat daher einen Maßnahmekatalog erstellt mit dessen Umsetzung Studierende eLearning besser wahrnehmen und Selbstlernkompetenzen dadurch erwerben. Unter anderem soll die Selbstlernkompetenz durch die oben erwähnten Prüfungsformate eine größere Bedeutung bekommen und in die Kurse besser integriert werden. Die Unterlagen und Angebote sollen besser auf der Lernplattform strukturiert werden. Wichtig ist auch die Schulung der Lehrenden. 2004 hat die Uni daher ein hochschuldidaktisches Zentrum eingerichtet, das die Dozierenden didaktisch speziell im Bereich Selbststudium weiterbildet.
Mit den Maßnahmen hofft die Uni, dass die Studierenden ihre traditionelle Vorstellung von Studium über Bord werfen und innovative Angebote besser nutzen, beispielsweise die Materialien und die Skripte auf der Lernplattform nutzen, um vorbereitet in das Seminar zu kommen, damit darauf aufbauend eine fachliche Diskussion entstehen kann.