Fernstudieren mit evolearning
Berlin, November 2007 - (von Anja Janus) An der privaten MEDIADESIGN HOCHSCHULE für Design und Informatik in Berlin dreht sich eigentlich alles um neue Medien. Doch die Game- und Mediendesigner sowie die Medien-Manager lernen größtenteils noch im Präsenzunterricht. In der Weiterbildung hat die Hochschule und ihre Vorgängereinrichtung mediadesign tele-akademie jedoch eine Methode entwickelt, die sie sich sogar als Marke schützen ließ: evolearning ®. Ab Oktober 2008 wird die staatlich anerkannte Fachhochschule komplette Fernstudiengänge mit evolearning anbieten. Was dahinter steckt, erläuterte Hartmut Bode, Rektor an der MEDIADESIGN HOCHSCHULE.
Herr Bode, Sie planen im nächsten Jahr eine neue Generation von Fernstudiengängen mit evolearning. Was genau ist evolearning?
Hartmut Bode: evolearning ist ein didaktisches Konzept, das einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt und dabei neue Medien, aber auch klassische Präsenzformen des Lernens mit einbezieht.
Sie haben evolearning als Marke registrieren lassen. Warum?
Hartmut Bode: Als wir evolearning 1999 erstmals realisierten, gab es so etwas schlichtweg nicht. Wir hatten eine Weiterbildung mit 500 Teilnehmern geplant, die über ganz Deutschland verteilt waren. Wir wollten Vorlesungen und Online-Unterricht über einen Astra-Satelliten ausstrahlen. Das Endgerät war nicht der Fernseher, sondern der heimische PC. Dafür haben wir die Software SIT (Satellitengestütztes Interaktives Telelearning) entwickelt. Das war ursprünglich der Kern von evolearning. Im Zuge größerer Bandbreiten im Netz nutzen wir heute ganz normal das Internet.
Was ist nun das Besondere an evolearning?
Hartmut Bode: Das Evolutionäre ist, der Begriff steckt ja auch in dem Namen, dass wir zwei methodische Ansätze, nämlich virtuelle Vorlesungen für eine sehr große Gruppe und auf der anderen Seite Wissensverarbeitung im virtuellen Klassenraum in einer kleineren Gruppe relativ frühzeitig kombiniert haben. Außerdem können wir in einer ausgesprochen hohen Qualität nicht nur Ton und Bild eines Dozenten übertragen, sondern parallel dazu, das entsprechende Bild des Dozentenrechners und zwar an eine unbegrenzte Anzahl an Studierende. Diese können ihrerseits interaktiv werden und ein Feedback an den Dozenten senden.
Wie sieht die Interaktion konkret aus?
Hartmut Bode: Es gibt mehrere Arten, entweder über Multiple Choice Fragen, Textchat oder Audio. Wir haben ein Studio eingerichtet, wo der Dozent den Unterricht abhält und wo live einige Teilnehmer sitzen. So bekommt der Dozent auch ein nonverbales Feedback und sieht ob er verstanden wurde oder nicht. Der Dozent hat zwei Monitore, einen für die Lerninhalte, einen für das Feedback der Teilnehmer draußen. Beispielsweise kann der Dozent von Zeit zu Zeit vorbereitete Fragen an die Studierenden senden, die sie gleich beantworten müssen. An den Antworten kann der Dozent erkennen, ob er verstanden wurde.
Parallel dazu gibt es einen sogenannten Helpdesk mit einem Dozenten, zu dem jeder Teilnehmer direkt Kontakt aufnehmen und eventuelle Fragen stellen kann. Die Helpdeskdozenten können dann entsprechende Hinweise an die Dozenten weiterleiten.
Außerdem kombinieren wir unser Telelernen mit virtuellen Klassenräumen, Foren, Chat- und eMail-Funktionen.
Schulen Sie Ihre Dozenten?
Hartmut Bode: Ja, sie brauchen eine spezielle Schulung. Wir haben einen Pool an Dozenten, die wir bereits zum Teletutor weitergebildet haben. Die meisten Dozenten kommen freiwillig zur Fortbildung, weil sie diese als wertvolle Zusatzqualifikation ansehen.
Welche Erfahrungen haben Sie beim Telelernen gemacht?
Hartmut Bode: Von 1999 bis 2004 haben wir 2.000 Teilnehmer zu IT-Managern weitergebildet. Der Fernlehrgang hat bis zu zwölf Monate gedauert. Wir haben rund 35.000 Online-Unterrichtsstunden organisiert. Die Teilnehmer sind zum größten Teil begeistert gewesen.
Aber auch wir haben viel dabei gelernt. Solche Maßnahmen entwickeln sehr schnell eine Eigendynamik, die einen als Anbieter überrollen kann. Positiv war, dass die Teilnehmer selbst sehr rasch eine Online-Community aufgebaut hatten und ihre eigenen Erfahrungen und Kenntnisse mit den anderen teilten.
Welchen Stellenwert hat eLearning an Ihrer Hochschule?
Hartmut Bode: Bei den Weiterbildungsmaßnahmen betrug der Anteil an virtuellem Lernen etwa 95 Prozent. Bei unseren Studiengängen ist das genau umgekehrt. eLearning sehen wir dort nur als Ergänzung. Die klassische Zielgruppe in den grundständigen Studiengängen sind Schulabgänger. Die sind mobiler und gehen zur Hochschule. Aber wir haben einen virtuellen Campus für alle Studierenden, wo Materialien zur Verfügung stehen.
Wohin geht die Entwicklung von evolearning?
Hartmut Bode: Wir werden zum Wintersemester 2008/09 mit den ersten Fernstudiengängen beginnen, die sich aus 80 Prozent eLearning und 20 Prozent Präsenzlehre zusammensetzen. Gerade im IT-Bereich hat es Ende der 90er Jahre viele Quereinsteiger gegeben, die keinen akademischen Abschluss erworben haben. Die Nachfrage ist daher immens und wir entwickeln entsprechende Angebote. Das wird dem evolearning einen neuen Schub geben, da wir ein anderes Klientel dort ansprechen, nämlich Berufstätige, die nebenbei studieren.
Wir werden das Konzept auch stärker in unsere Präsenzveranstaltungen einbinden. Und wir vernetzen damit auch unserer Studierenden an unseren Standorten in München, Düsseldorf und Berlin.
Vielen Dank für das Gespräch.