Umsatzsteuer auf Fort- und Weiterbildungsangebote?
Berlin, August 2019 - Mit der Veröffentlichung der Nationalen Weiterbildungsstrategie im Juni kündigte die Regierung an, dem massiven Wandel auf dem Arbeitsmarkt, bedingt durch Digitalisierung, mit verstärkter Weiterbildung und der Schaffung einer neuen Weiterbildungskultur begegnen zu wollen. Ein Gesetzentwurf zu geplanten Umsatzsteueränderungen scheint dieses Vorhaben nun aber zu konterkarieren.
Lebenslanges Lernen ist die Grundvoraussetzung für gesellschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe. Aber auch wer beruflich dauerhaft erfolgreich sein will, kann nicht darauf verzichten. "Von Arbeitnehmerseite aus gewinnen die Themen 'Learning on the Job' und 'Wissens-Snacks' an Bedeutung. Sie tragen der Situation Rechnung, dass wir eine extrem rasch fortschreitende Digitalisierung erleben und dass es kaum noch Arbeitnehmer gibt, die 30 Jahre lang auf ihren ursprünglichen Posten verbleiben. Dadurch erscheint keine allumfassende Grundausbildung notwendig, sondern eine Basisqualifikation mit später anschließenden passgenauen Qualifikationen und fachlichen Vertiefungen", so Mirco Fretter, Präsident des Forum DistancE-Learning.
Auf den massiven Wandel des Arbeitsmarktes und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel ist lebenslanges Lernen in Form von Weiterbildungen zum Erlangen neuer Qualifikationen eine lösungsorientierte Antwort. Das hat auch die Bundesregierung erkannt und Bildung in der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung vorgestellten Nationalen Weiterbildungsstrategie als Schlüsselfaktor für die weitere soziale und wirtschaftliche Entwicklung des Landes definiert. Gemeinsam wollen Bund, Länder, Wirtschaft, Gewerkschaften und die Bundesagentur für Arbeit ihre Anstrengungen für Weiterbildung und Qualifizierung bündeln und weiterentwickeln, Fördermöglichkeiten ausbauen, transparenter gestalten und leichter zugänglich machen.
Ein vorliegender Regierungsentwurf eines "Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" droht dieses Vorhaben nun jedoch stark zu konterkarieren und Weiterbildung für den Teilnehmer durch die Erhebung einer Umsatzsteuer auf Fort- und Weiterbildungsangebote zu verteuern. Der Entwurf sieht vor, Berufsausbildungsleistungen von der Umsatzsteuer zu befreien, Fortbildungsleistungen jedoch zu besteuern und somit für den Teilnehmer erheblich zu verteuern. "Eine Differenzierung zwischen Aus- und Fortbildung führt in unseren Augen nicht nur zu unüberschaubaren Abgrenzungsschwierigkeiten, sondern ist zudem unrealistisch und widerspricht modernen Bildungskonzepten", stellt Fretter fest.
Das Forum DistancE-Learning fordert daher, in einer heute veröffentlichten Stellungnahme, auf eine derartige Unterscheidung zu verzichten und Bildungsmaßnahmen grundsätzlich von der Umsatzsteuer zu befreien. "Der Regierungsentwurf in der vorliegenden Form sendet ein falsches bildungs- und arbeitsmarktpolitisches Signal und wirkt nationalen Bemühungen um eine verbesserte Weiterbildungskultur zur Überwindung der anstehenden Herausforderungen klar entgegen", fasst Fretter zusammen. Einer von Bundesseite angestrebten Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sieht der Verband mit dem Entwurf des Gesetzes klar gefährdet und bietet seine Expertise für vertiefende Gespräche an.