Bildungscontrolling mit der Learning Scorecard
Bonn/Eschborn, Oktober 2014 - (von Dr. Andreas Närmann und Dr. Jörg Sander) Typische Fragen mit denen die Verantwortlichen aus dem Bildungsmanagement konfrontiert werden sind: "Wozu braucht unser Unternehmen so viel Weiterbildung?", "Was kostet die Weiterbildung?", "Welchen Nutzen hat die Weiterbildung?", "Wie lassen sich Bildungskosten einsparen?" und "Welchen Wertschöpfungsbeitrag leistet die Personalentwicklung?" Antworten auf diese Frage gibt die von Detecon entwickelte Learning Scorecard. Mehr noch: Sie ist ein Instrument zur Kontrolle und Steuerung des Bildungsmanagements.
Herausforderung im Bildungsmanagement
Das Bildungsmanagement steht vor einer großen Herausforderung: Einerseits zwingt ein enormer Kostendruck zu immer tiefer gehenden Einsparmaßnahmen, andererseits erfordert ein stetiger Innovationsbedarf eine flexible Personalentwicklung, um eine hohe Performance der Mitarbeiter sicherstellen zu können.
Die Frage nach dem Wertschöpfungsbeitrag der Personalentwicklung spielt deshalb eine immer größere Rolle. Wenn in den Unternehmen die Kosten gedrückt werden sollen, stehen die Personalentwickler noch immer in der Beweisnot den wirtschaftlichen Nutzen der Weiterbildungsmaßnahmen nachzuweisen. Die Bildungsverantwortlichen werden verstärkt mit Fragen hinsichtlich des Beitrages der Weiterbildung zum Erfolg des Unternehmens konfrontiert.
Der Schlüssel dazu lautet Learning Scorecard. Die Learning Scorecard basiert auf dem erfolgreichen Konzept der Balanced Scorecard von Kaplan und Norton und ist auf die spezifischen Anforderungen des Bildungsmanagements ausgerichtet. In Anlehnung an die Balanced Scorecard gliedert sich dieser Ansatz in vier Werteebenen (Kunden-, Finanz-, Prozess- und Ressourcenperspektive), denen die Vision des Bildungsmanagements vorangestellt werden.
Auf jeder dieser vier Ebenen wird zunächst eine systematische Strategie entwickelt, anschließend werden aussagefähige Kennzahlen abgeleitet, die direkt eine Kontrolle der Strategie ermöglichen. Insofern ist die Learning Scorecard sowohl ein Konzept zur systematischen Entwicklung und Darstellung der Bildungsmanagement-Strategie als auch gleichzeitig ein Instrument zum Monitoring der Strategie im Rahmen des Bildungscontrollings.
Die Learning Scorecard
Zunächst geht es um die Klärung der strategischen Zielsetzungen des Unternehmens hinsichtlich Bildungsmanagement. Ist das Lernen selbst- oder bedarfsgesteuert? Steht im Mittelpunkt die Geschäfts- oder die Personalentwicklung? Wird eine Spezialisierung oder eine Generalisierung der Mitarbeiterqualifikation angestrebt? Hat Performanceorientierung oder die Vision eines "Lernenden Unternehmens" höheren Stellenwert? Hat formelles oder informelles Lernen Vorrang?
Die Kundenperspektive ist das Herzstück der Bildungsmanagement-Strategie. Lernende werden als Kunden betrachtet. Ihre Anforderung an ein Lernangebot wird ebenso analysiert wie ihre individuelle eLearning-Performance. Welches sind die wichtigen Zielgruppen für Bildungsmanagement im Unternehmen? Wo bietet sich ein eLearning / Blended Learning etc. überhaupt an? Welche kulturellen Aspekte zur Nutzung von eLearning sind zu berücksichtigen?
Die Messlatte in der Finanzstrategie liegt hoch und heißt Wirtschaftlichkeit. Die Finanzperspektive hinterfragt: Bringt die Bildungsmanagement-Strategie den erwarteten wirtschaftlichen Erfolg? Welche Budgetvorgaben gelten für das Unternehmen im Rahmen der Bildungsmanagement-Strategie? Wurden vereinbarte Budgetvorgaben eingehalten? Wie lauten die Effizienzkriterien? Wer trägt die Verantwortung?
Die Prozessperspektive bildet die Kernprozesse hinsichtlich Bildungsmanagement ab. Welches sind die Kernprozesse in Unternehmen, z.B. Kundenbetreuung, Contenterstellung bzw. Einkauf, Skillmanagement, Veranstaltungsmanagement oder Genehmigungsworkflows? Auch organisatorische Maßnahmen fallen unter die Prozessperspektive: Ist die betriebliche Weiterbildung als Profit-Center oder besser als Cost-Center organisiert? Fallen darunter auch externe Kunden, die Bildungsmaßnahmen am Markt nachfragen?
Die Ressourcenperspektive ist schließlich die Basis der Strategie, das Fundament sämtlicher Weiterbildungsaktivitäten. Zu den Ressourcen gehören die IT-Infrastruktur, ggf. mit einem Lernmanagement-System, die eigentlichen Lerninhalte sowie die Mitarbeiter im Bildungsmanagement. Welche Ressourcen (Mitarbeiter, Content, Technik) werden für eine erfolgreiche Bildungsmanagement-Strategie benötigt?
Bei der Learning Scorecard werden auf jeder dieser Werteebenen die erfolgskritischen Strategieelemente ermittelt. Diese Wertetreiber stehen in einer Ursache-Wirkungsbeziehung, so dass ein Beziehungsgeflecht entsteht.
Von der Strategie zu aussagefähigen Kennzahlen
Jedem Wertetreiber werden klare Ziele mit eindeutigen Kennzahlen zugeordnet. Kennzahlen der Kundenperspektive sind zum Beispiel Kundenzufriedenheit, Stellenwert des Bildungsmanagements im Unternehmen, Niveau der Bildung, Art und Vollständigkeit des Bildungsangebotes, Kundentreue oder Image der Weiterbildung im Unternehmen. Die Finanzperspektive der Learning Scorecard enthält klassische finanzielle Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn, Kapitalrendite, Return on Investment, Umsatzwachstum oder Produktivität des Unternehmens und ist vor allem wichtig, wenn das Bildungsmanagement als Profit-Center geführt wird.
Die Kennzahlen der Prozessperspektive lauten zum Beispiel Personalaufwand für die Bildungsmanagement-Prozesse, Schulungszeiten pro Mitarbeiter / Gesamtunternehmen, Dauer und Kosten für Schulungsmaßnahmen, Projektdauer und –kosten, Antwortzeiten auf Anfragen oder Rücklaufquoten. Als Kennzahlen der Ressourcenperspektive sind u.a. Betriebskosten, Kosten für den Content und dessen Aktualisierung sowie das Know-how der Mitarbeiter zu nennen.
Dies verdeutlicht auch gleich den Zusammenhang zum Bildungscontrolling: Unter "Bildungscontrolling" wird die Planung, Steuerung, Bewertung und Korrektur des Bildungsmanagements verstanden und damit die betriebswirtschaftliche Erfolgssteuerung. Häufig beschränkt sich das Bildungscontrolling jedoch auf das "Kontrollieren" und damit auf eine – häufig umfassende und mit viel Aufwand getriebene - Ansammlung von Kennzahlen zur betrieblichen Weiterbildung.
Diese Kennzahlen sorgen für eine gewisse Orientierung und können damit die Grundlage für eine Benchmark-Analyse sein. Der Aussagegehalt ist jedoch gering, denn es werden weder Informationen über das Können und Wissen der Mitarbeiter geliefert noch über den Beitrag der Weiterbildung zum Geschäftserfolg des Unternehmens. Grade für die aktuellen Diskussionen um den Wertschöpfungsbeitrag der Personalentwicklung greifen diese Kennzahlen viel zu kurz.
Die Learning Scorecard beinhaltet nicht nur die Entwicklung einer ausgeklügelten Sammlung von Kennzahlen sondern widmet zudem den Wirkungszusammenhängen zwischen einzelnen Wertetreibern große Aufmerksamkeit. Ziel ist es, eine Sammlung von wenigen Erfolgsfaktoren zu entwickeln, die eine möglichst geschlossene Wirkungskette darstellen und die damit Ansatzpunkte für die Steuerung und Erfolgskontrolle bei der Umsetzung der Unternehmensstrategie aus Sicht der Personalentwicklung bilden.
Die Learning Scorecard ist somit eine strategie-orientierte Methode zur Bewertung der Weiterbildungsaktivitäten im Unternehmen. Bildungscontrolling im Sinne der Learning Scorecard ist ein planungsorientiertes Instrument, mit dem die betriebliche Weiterbildung sowohl ziel- wie auch ergebnisorientiert gestaltet und gesteuert wird. Zielorientiert heißt, dass die Weiterbildung mit der Strategie eines Unternehmens verzahnt wird; ergebnisorientiert bedeutet, dass die betriebswirtschaftliche Ausprägung im Sinne von Renditeüberlegungen neben der pädagogisch-psychologischen Dimension ein größeres Gewicht erhält.
Fazit
Kennzahlen stellen eine hilfreiche Orientierung für die Beurteilung der betrieblichen Weiterbildung dar. Wesentlich interessanter ist es jedoch, die Wirkung des Bildungsmanagements zu messen und transparent zu machen. Ein Ansatzpunkt dazu ist die Learning Scorecard. Die Learning Scorecard ist ein strategischer Ansatz zum Bildungscontrolling. Die systematische Vorgehensweise führt zu einem Überdenken der bisherigen Position zum Wertschöpfungsbeitrag der Personalentwicklung sowie zu einer deutlich gestiegenen Anerkennung "von außen".
Die Learning Scorecard ermöglicht die systematische und strukturierte Formulierung der Bildungsmanagement-Strategie. Alle Aktivitäten werden an der effizienten und effektiven Umsetzung der strategischen Ziele konsequent ausgerichtet. Die Kenntnis erfolgskritischer Hebel und Hebelwirkungen kommt – sofern erforderlich – schnellen Gegensteuerungsmaßnahmen zugunsten eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zugute. Nicht zuletzt ist die Learning Scorecard ein kennzahlenorientiertes Monitoringinstrument der Bildungsmanagement-Strategie.