Technik-Kenntnisse werden immer entscheidender
Düsseldorf, August 2020 - (von Andreas Rothkamp) Technikkenntnisse sind längst nicht mehr nur auf die IT-Abteilungen und technische Fachkräfte beschränkt. Heute gehören technische Qualifikationen zu den Voraussetzungen für fast jeden Arbeitsplatz. Unternehmen verbessern ständig Prozesse mithilfe neuer Technologien. Eine entsprechende Umstellung zwingt auch die Mitarbeiter, sich ständig mit neuen Funktionen und Tools auf ihrem PC, Laptop oder Smartphone auseinanderzusetzen. Das ist für die Anwender zunächst oft unbequem, ist aber immer darauf ausgelegt, eine Problemstellung zu lösen oder eine längerfristige Arbeitserleichterung zu bewirken.
Die Mitarbeiter sind der Schlüsselfaktor dafür, ob eine neue Technologie angenommen und effizient angewendet wird. Aber auch in den Chefetagen sind Technikkenntnisse immer wichtiger. Denn wie sollen die Verantwortlichen ansonsten fundierte Entscheidungen für die strategische Weiterentwicklung des Unternehmens treffen, die heute meist eng mit dem Einsatz von Technologie verknüpft ist. Gemeinsam mit IDC hat Skillsoft einen Leitfaden ausgearbeitet, der IT- und Führungskräften helfen soll, ein gemeinsames Verständnis für den umfassenden und strategischen Aufbau von IT-Fähigkeiten zu entwickeln, die für die Umsetzung einer effektiven Lernlösung unerlässlich sind.
Der digitale Wandel erhöht die Veränderungsgeschwindigkeit in jedem Unternehmen, in jeder Branche und sogar in jeder beruflichen Rolle. Technologisch versierte Führungskräfte beispielsweise wirken sich laut aktueller Studien in jedem zweiten Unternehmen positiv auf die Effizienz aus. In vier von zehn Firmen steigern sie zudem das Innovationspotenzial. Für 60 Prozent der Unternehmen haben technologie-affine Manager einen Mehrwert.
Wie die digitale Transformation kann die Entwicklung technologischer Fähigkeiten jedoch viele Formen annehmen. Und genau wie bei der digitalen Transformation ist es wichtig, das richtige Problem mit der richtigen Kombination von Werkzeugen und Techniken zu lösen. Dabei gilt es, folgende Punkte zu berücksichtigen:
1. Welches Qualifikations- oder Entwicklungsproblem soll gelöst werden?
Es ist wichtig, dass das Programm zur Entwicklung technologischer Fähigkeiten in Zweck und Design auf das beabsichtigte Geschäftsziel abgestimmt ist. Das mag offensichtlich klingen, aber Technologielösungen haben einen Weg, sich über den ursprünglichen Rahmen hinaus in Richtung einer "frankensteinschen" Kombination von Einzelteilen und Absichten zu entwickeln. Dabei kann es sogar sein, dass das zugrundeliegende Problem überhaupt nicht auf fehlenden Fertigkeiten beruht.
Zum Beispiel dachte eine Organisation, sie habe ein Ausbildungsproblem. Ihr Partner für Lernmanagement entdeckte aber, dass der IT-Support der Organisation einen schlecht definierten Arbeitsablauf für die Lösung von BYOD-Support-Anfragen hatte. Es war also ein Problem bei dem Schulung helfen konnte, aber erst, nachdem der Geschäftsablauf definiert und vereinbart wurde.
Beispiele für die Initiierung eines Schulungsprogramms sind u.a.:
- Die Vertiefung des technischen Wissens für bestimmte Mitarbeiter
- Die Vermittlung technischen Wissens im Zusammenhang mit der Implementierung einer neuen Technologie.
- Die Förderung von IT-Berufskarrieren und der allgemeine Aufbau von Expertise im Unternehmen
- Die gezielte strategische Entwicklung von Fähigkeiten, die zukünftige Technologie- oder Qualifikationsanforderungen vorausschauend berücksichtigen
- Die Verbesserung spezifischer Leistungsziele in Bereichen wie Daten, DevOps, Sicherheit usw.
- Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter
2. Bewertungen und Leistungsmessung: Was ist das Leistungsziel?
Bei fast allen Technik-Lerninitiativen ist das Ziel die Leistungsverbesserung: Die Lernenden sollen befähigt werden, erfolgreich(er) zu arbeiten. Nachweisbare Kompetenzen können beispielsweise die Fähigkeit sein, ein spezifisches, unmittelbares Problem zu lösen oder eine Zertifizierungsprüfung zu bestehen. In anderen Fällen dauert es eine gewisse Zeit, bis sich das Können manifestiert – wie etwa die verbesserte Qualität eines produzierten Codes oder die Vorbereitung auf einen strategischen Wechsel in der technologischen Infrastruktur. In allen Fällen hilft jedoch das Verständnis darüber, was der Leistungsstandard oder das Maß für den Erfolg ist.
Es gibt hierzu zwei primäre Messgrößen:
- Kompetenzbewertungen messen das Wissen, die Fähigkeiten oder das Verhalten einer Einzelperson oder eines Teams. Beurteilungen können vor der Schulung (zur Ermittlung des Status-Quo) und nach erfolgter Schulung durchgeführt werden.
- Leistungsindikatoren sind die "Ergebnisse" auf Basis des Wissens, der Fähigkeiten und des Verhaltens der Mitarbeiter. Sie können auch auf andere Faktoren hinweisen, die die Leistung beeinflussen – Systemfähigkeiten, Arbeitszeiten, Arbeitsabläufe und Abschlüsse usw.
3. Glaubwürdige Inhalte: Wer hat den Inhalt verfasst?
Wenn Unternehmen IT-Schulungsanbieter in Betracht ziehen, sollten sie die Quellen verstehen, die der Anbieter zur Erstellung des Kursmaterials verwendet. Dazu gehört auch die Frage, wer das Material verfasst hat. Dies ist nicht nur wichtig, weil die Lerninhalte korrekt sein sollten, sondern auch, weil die Lernenden ein Gespür für die Glaubwürdigkeit des Quellenmaterials haben. Insbesondere in technischen Bereichen erwarten IT-Fachleute, dass sie mit Material aus zuverlässigen Quellen versorgt werden.
Laut mehrjähriger IDC-Studien betrachten IT-Fachkräfte Technologieanbieter, aktuelle Anwender oder bekannte Berater als glaubwürdigste Quellen, wenn es um den Einsatz von Technologie geht. Auch Industrieverbände oder Handelsgruppen werden als verlässliche Experten in ihren spezifischen technischen Bereichen anerkannt. Unabhängig davon, ob der Inhalt direkt von einer solchen Quelle stammt oder in Zusammenarbeit mit einem Anbieter von Technologieschulungen erstellt wurde, sollte das Quellenmaterial glaubwürdig sein.
4. Inhaltstiefe versus Breite: Was sind die Anforderungen an Umfang und Tiefe der Bibliothek?
Die Nutzung von Inhalten in der richtigen thematischen Tiefe und Breite ist wichtig für den Erfolg jedes technischen Lernprogramms. Einige Programme, wie zur Vorbereitung auf eine Zertifizierungsprüfung oder die Beherrschung einer neuen Technologie, erfordern eine bestimmte inhaltliche Tiefe. Breiter aufgestellte Programme erfordern eine Auswahl an Inhalten, die sowohl die Tiefe als auch die technische Breite bieten, um die Bedürfnisse aller Lernenden zu erfüllen.
Wenn zum Beispiel eine neue Speichertechnologie in die IT-Infrastruktur eingeführt wird, benötigen die implementierenden Fachkräfte und Infrastrukturarchitekten eine tiefergehende technische Schulung. Administratoren benötigen möglicherweise eine andere Art von technischen Kenntnissen. Die Anwender wiederum erhalten vermutlich eine andere Schulung für den Umgang mit der neuen Technologie.
Bei der Gestaltung des Schulungsprogramms sollten daher die Anforderungen der einzelnen Typen von Lernenden berücksichtigt werden, um die Ziele des Programms zu erreichen: Wer benötigt tiefes technisches Wissen, wer muss die API-Standards und wer die betrieblichen Implikationen der Lösung verstehen. Der gewählte Anbieter sollte dann entsprechend über die nötige inhaltliche Tiefe und Breite an Inhalten verfügen, um die Bedürfnisse der Zielgruppe zu erfüllen.
5. Firmenspezifische Inhalte: Wie kann firmenspezifisches Training integriert werden?
Einige Lernprogramme erfordern die Entwicklung und Einbeziehung unternehmensspezifischer Inhalte – spezifische Implementierungsmerkmale, Verfahren, Richtlinien, Branchenvorgaben usw.
Am effektivsten ist es, wenn diese unternehmensspezifischen Inhalte oder Inhalte von Drittanbietern nahtlos in das breitere Programm integriert werden können.
Wenn unternehmensspezifische Schulungsinhalte ein wichtiges Kriterium sind, sollten sich Unternehmen für einen Anbieter entscheiden, der die Integration von zusätzlichen Inhalten in seine Bibliothek ermöglicht. Neben der Nutzungserfahrung ist auch nur so ein übergreifendes Monitoring der Anwendung sowie der Ergebnisse möglich.
6. Inhaltspfade: Wie komplex sollten Lernpfade sein?
Viele Arten von Lerninitiativen umfassen mehrere Kurse, die in einer Abfolge oder einem Trainingspfad ablaufen. Viele Lernanbieter bieten vorgefertigte Lernwege an, um gängigen Anwendungsfällen und inhaltlichen Anforderungen gerecht zu werden. Andere Lernanbieter erlauben die Entwicklung oder Anordnung spezifischer Inhaltselemente oder Kurse, um direkter auf die Programmziele zu reagieren, und ermöglichen gegebenenfalls sogar die Nachverfolgung des Fortschritts durch Vorgesetzte. Programmziele müssen möglicherweise standardmäßige, von Anbietern entwickelte Inhalte enthalten, können aber auch das Einbeziehen von unternehmenseigenen oder Inhalten von Dritten erfordern.
Es gibt keine Standard-Antwort auf die Frage, wie ein Programm aufgebaut sein sollte. Die vom Lernanbieter bereitgestellten Werkzeuge und Optionen sollten jedoch alle nötigen Optionen bieten, um auch den Bedürfnissen komplexer Lerninitiativen gerecht zu werden.
7. Jederzeit und überall im Workflow lernen: Wie lernen Mitarbeiter heute?
Das Ziel der meisten Lernprogramme ist es, sicherzustellen, dass die Lernenden das neue Material verstehen und es in ihr Arbeitsverhalten integrieren können. Für ein erfolgreiches Lernprogramm ist es von entscheidender Bedeutung, das Lernen für den jeweiligen Teilnehmer so bequem wie möglich zu gestalten, damit das Angebot genutzt wird, möglichst ohne den Arbeitsalltag zu stören.
Dies setzt unter anderem voraus, immer und überall lernen zu können – zu Hause, auf dem Weg zum Arbeitsplatz, vom Schreibtisch aus, etc. Die Lernenden sollten in der Lage sein, den Kurs an einem Ort und auf einem Gerät zu beginnen und ihn zu einem anderen Zeitpunkt auf einem anderen Gerät an genau der richtigen Stelle im Kurs fortzusetzen. Die Schulungslösung sollte auch den Inhalt im besten Format für die jeweilige Situation aufbereiten – in geeigneter Größe und Seitenverhältnis, geeigneter Videoauflösung, adaptivem Layout, usw.
In jüngerer Zeit sind Schulungslösungen in den Workflow einiger Anwendungen integriert worden. Microlearning-Angebote mit kurzen Lerneinheiten sowie einem bequemen Zugang zu tiefergehenden Inhalten oder Links zu einem Kurs in voller Länge vereinfachen ebenfalls das Lernen.
8. Push und Pull: Geführtes oder selbstgesteuertes Lernen?
Anfang 2018 begannen Arbeitgeber und die Lernindustrie die Vorteile des "Pull-Lernens" zu erkennen, bei dem Fachpersonal eigene Lernwege identifizieren und auswählen kann. Das ist kein neues Phänomen. IT-Fachleute beispielsweise zahlen in vielen Bereichen seit Jahrzehnten für ihre eigene Ausbildung. Neu war, dass sie begannen, ihre "Ausbildung" mit zur Arbeit zu nehmen. Mit dem Erwerb zusätzlicher Fertigkeiten gewannen sie mehr Verantwortung, Beförderungen und neue Arbeitsmöglichkeiten.
Arbeitgeber erkannten, dass die eigenverantwortliche Wahl eines Kurses ein starker Indikator für Selbstmotivation, berufliches Engagement und beruflichen Erfolg war. IT-Schulungsanbieter stellten fest, dass motivierte Lernende mehr Inhalte konsumieren und ausgezeichnete Fürsprecher für spezifische Schulungsansätze sind.
Aber "Pull-Lernen" ist nicht für jedes Problem geeignet, das durch ein Lernprogramm gelöst werden soll. Versucht ein Programm z.B. sicherzustellen, dass eine Gruppe von Lernenden dasselbe über Cloud-Sicherheit lernt oder schnellstmöglich, zeitgleich auf den neuesten Stand von TensorFlow gebracht werden soll, ist ein "Push-Ansatz" nötig. In solchen Situationen ist es nicht praktikabel zu warten, bis die Lernenden motiviert sind, die spezifischen Kurse zu belegen.
9. Programmauswertung – Wie lassen sich Programmfortschritte und Ergebnisse vermitteln?
Für wen ist der Bericht bestimmt und was muss der Empfänger über den Programmfortschritt und die Auswirkungen verstehen – das ist die grundsätzliche Fragestellung für den Erfolgsnachweis. Mess- und Berichterstattungsanforderungen sollte daher direkt im Programmdesign berücksichtigt werden. Häufig sind auch mehrere Arten von Berichten auf verschiedenen Detaillierungsebenen notwendig, um den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht zu werden
- Ergebnismessungen identifizieren die gewünschten Ergebnisse und die Auswirkungen von Lern- und Entwicklungsinitiativen und -prozessen. Beispiele für Ergebnismessungen sind beispielsweise die verbesserte Qualität von entwickelten Codes, eine Abnahme von Sicherheitsvorfällen, eine bessere Systemleistung, Kostenreduzierungen in speziell adressierten Bereichen oder verbesserte Personalbindung und Engagement.
- Effektivitätsmessungen liefern Indikatoren für die Qualität sowie für das Ausmaß, in dem Mitarbeiter neue Kenntnisse oder Fähigkeiten erwerben und diese Fähigkeiten am Arbeitsplatz anwenden können. Beispiele für Effektivitätsmessungen sind u.a. die Qualität der Lerninhalte und der Vermittlung, die Anwendung der erlernten Fertigkeiten auf die beruflichen Aufgaben.
- Effizienzmessungen liefern Indikatoren für das Aktivitätsniveau und die Investitionen einer Organisation in Lernen und Entwicklung. Beispiele für Effizienzmaßnahmen im Bereich Lernen und Entwicklung sind die Anzahl der Teilnehmer, Kurse und Stunden sowie die Kosten für Ressourcen, Anbieter und/oder Materialien.
"Diese Betrachtung zeigt, dass Programme zur Vermittlung technischer Kenntnisse nicht nur an der Wahl der fachlichen Inhalte scheitern können", erklärt Andreas Rothkamp, VP DACH-Region bei Skillsoft. "Genauso wichtig ist es klar zu definieren, welche Problematik mit der Schulungs-Initiative gelöst werden soll und welche Zielgruppen auf welchen Kanälen mit bedarfsgerechten Informationen versorgt werden. Um den Erfolg der Initiative abzubilden und sich Ressourcen für weitere Maßnahmen zu sichern, ist es schließlich auch entscheidend, wichtige Stakeholder einzubeziehen und bedarfsgerecht über Programmfortschritte und Ergebnisse zu informieren."