MBA-Unterrichtsmodelle

Neue Studie: Hybridmodus versus "völlig online"

Dr. Laurent ScaringellaRennes, September 2022 - Dr. Laurent Scaringella, Professor an der Rennes School of Business, untersuchte sowohl hybride als auch reine Online-Lehrmodelle, um zu ermitteln, welches Modell die höchste Zufriedenheit der Lehrkräfte, den besten Ruf des MBA durch Mundpropaganda, den höchsten Wert des MBA, die Zufriedenheit der Studenten und die Loyalität gegenüber einer Hochschule erzeugt. 

Die Covid-Pandemie hat sich dramatisch auf alle Aspekte unseres Lebens ausgewirkt, sowohl privat als auch beruflich. Im März 2020, wurde das Arbeiten von zu Hause aus für viele Menschen plötzlich zur neuen Normalität. Im Bildungswesen mussten die Lehrkräfte schnell auf Fernunterricht umstellen. 

In den Jahren vor der Covid-19-Pandemie hatte das Online-Lernen ohnehin stark zugenommen, aber durch den Lockdown war es nun zu einer Notwendigkeit geworden. Die Pandemie hatte auch zur Folge, dass eine weitere Unterrichtsform eingeführt wurde: ein hybrides Modell, bei dem ein Klassenzimmer sowohl mit den Studenten vor Ort als auch mit den Online-Studenten während des synchronen Unterrichts verbunden ist.

Während die Hochschulen langsam zur Normalität zurückkehren, bieten viele von ihnen verschiedene Unterrichtsoptionen an: vollständig online, gemischt (50 % Präsenzunterricht, 50 % Onlineunterricht) oder ausschließlich Präsenzunterricht. 

Mit den aufeinanderfolgenden Schließungsperioden haben sich Online-Modelle des Lernens und Arbeitens in unser Leben eingebürgert, und ein 100 %iges Online-Programm scheint die Studierenden nicht abzuschrecken, zumal es wesentlich kostengünstiger sein kann. Im akademischen Jahr 2020-2021 gab es in den USA mehr Online-MBA-Studenten als Vollzeitstudenten in Präsenzstudiengängen (45 038 gegenüber 43 740). Weltweit ist die Zahl der Vollzeit-MBA-Studenten jedoch immer noch höher als die der Online-Studenten (78 061 zu 53 281). 

Vielen fehlt beim reinen Online-Lernen das menschliche Element, das hybrides Lernen bietet. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie Online-Programme im Vergleich zu hybriden Programmen, die eine Online-/Präsenzoption bieten, in Bezug auf die Zufriedenheit der Lehrkräfte und Studierenden, die MBA-Qualität, die Attraktivität, die Loyalität und letztlich das Wachstum abschneiden. Sollten wir im Zeitalter der digitalen Wirtschaft und des Wettbewerbs in einem hybriden Modus oder vollständig online unterrichten, um den Ruf und den Erfolg unserer Programme zu maximieren? 

"Gemeinsam mit Kollegen haben wir sowohl hybride als auch reine Online-MBA-Lehrmodelle anhand der "Service Profit Chain" untersuchtDie Service Profit Chain wurde in den 1990er Jahren entwickelt und veranschaulicht die Beziehungen zwischen Rentabilität, Kundentreue, Mitarbeiterzufriedenheit, Produktivität und Loyalität. Seitdem hat sie sich in Sektoren wie dem Hotel- und Gaststättengewerbe, dem Gesundheitswesen, dem Einzelhandel und dem Bankwesen weit verbreitet. Jedoch war sie noch nie zuvor an die Hochschulbildung angewendet."

Anhand von Umfragedaten von 93 Fakultätsmitgliedern und 366 Studierender dreier amerikanischer Universitäten ergab unsere Forschungsstudie ein neues Bild in Bezug auf die Zufriedenheit der beiden Kategorien.

Dr. Laurent Scaringella resümmiert: "Erstens zeigten die Daten im Gegensatz zu früheren Studien, denen zufolge die Lehrmethoden keine Rolle spielen, dass das Modell der Service Profit Chain beim Face-to-Face-Hybrid-Unterricht stärker war als beim reinen Online-Unterricht. Wir haben festgestellt, dass der reine Online-Unterricht einen negativen Einfluss auf die Zufriedenheit der Studierenden haben kann, während die hybride Form die positive Mundpropaganda unter Studierenden und Alumni verstärkt. Positive Mund-zu-Mund-Propaganda ist für Business Schools von großer Bedeutung, da potenzielle Studierende stark von Empfehlungen von Freunden und Familie beeinflusst werden. Wir haben zugleich festgestellt, dass weibliche Studierende viel positiver als Männliche sind, wenn es um MBA-Mundpropaganda geht, ebenso wie ältere Studierende. Das ist ein wichtiger Punkt, den die Marketingmanager der Business Schools auf jeden Fall im Auge behalten sollten, wenn sie sich an bestimmte Zielgruppen wenden.

Zweitens stellten wir fest, dass Studierende, die hohe Erwartungen an ein MBA-Programm hatten, dieses tendenziell hoch bewerteten, was bedeutet, dass die bereits bestehenden Vorstellungen der Studierenden über ihren Studiengang eine große Rolle spielen. Insgesamt beurteilen die Studierenden hybride Programme positiver als reine Online-Programme. Daraus schließen wir, dass die Erwartungen an das MBA-Programm positiv mit der Wahrnehmung der Qualität des MBA-Programms zusammenhängen und dass die Business Schools die Erwartungen der Studienanfänger erhöhen sollten. Dies spricht daher für den Grundsatz, dass Business Schools massiv in Marketing investieren sollten, um Studenten dazu zu bewegen, sich mit hohen Erwartungen für ein Programm zu bewerben. 

Schließlich haben wir im Gegensatz zu früheren Studien festgestellt, dass die Zufriedenheit der Lehrkräfte nicht wesentlich mit der Qualität des MBA-Programms zusammenhängt, wahrscheinlich weil viele Lehrkräfte ihre Arbeit als Routine ansehen. Daher sollten Business Schools die Qualitätsbewertung eines MBA-Programms nicht als genauen Indikator für die Zufriedenheit oder Unzufriedenheit der Fakultätsmitglieder betrachten. Stattdessen sollen die Hochschulen alternative Messmethoden entwickeln, um die Arbeitszufriedenheit der Fakultätsmitglieder zu bewerten. Dies ist natürlich von großer Bedeutung für die Bindung der Lehrkräfte.  

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Business Schools während der COVID-19-Pandemie gezwungen waren, auf einen vollständigen Online-Unterricht umzusteigen. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass die Service Profit Chain bei reinen Online-Programmen viel schwächer ist als bei Präsenz- und Hybridprogrammen. Daher ist es wichtig, dass Business Schools zumindest ein hybrides Modell beibehalten, wobei dieser Trend durch Technologieinvestitionen unterstützt werden sollte. Business Schools können disruptive digitale Technologien sorgfältig auswählen, einsetzen und nutzen, um einzigartige digitale Fähigkeiten zu entwickeln, die das hybride Lehrmodell verbessern und einen geschäftlichen Mehrwert schaffen, der dem Ruf ihrer Programme zugutekommt."