Nachhaltige Weiterbildungsstrukturen

"Der größte Fehler wäre es, KI nur als Effizienztreiber zu betrachten"

Christian Friedrich, Haufe AkademieFreiburg i.Br., März 2025 - Die Haufe Akademie ist ein wichtiger Anbieter für Qualifizierung von Menschen und Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Ihr Geschäftsführer Christian Friedrich verantwortet den Bereich Digital Learning Solutions. Hier motiviert ihn der Gestaltungsspielraum und seine Aufgabe, die Dinge anzugehen, die morgen gesellschaftlich wichtig werden. CHECK.point eLearning sprach mit ihm über den Wandel und die Herausforderungen, die der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) mit sich bringt.

Laut einer aktuellen McKinsey-Studie sollen sich etwa drei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland durch den Einsatz von KI in nächster Zeit verändern. Wie können die betroffenen Arbeitnehmer darauf angemessen vorbereitet werden?

Christian Friedrich: Der Wandel durch KI ist unausweichlich – entscheidend ist, wie wir ihn gestalten. Unternehmen müssen Lernen als kontinuierlichen Prozess begreifen, der technologische, methodische und persönliche Kompetenzen gleichermaßen fördert. Neben dem Erwerb digitaler Fähigkeiten sind Future Skills wie kritisches Denken, Kreativität und Anpassungsfähigkeit essenziell, um auf die Entwicklungen rund um KI reagieren zu können, aber auch um Veränderungen aktiv mitzugestalten.
Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle: Sie müssen nicht nur Lernangebote ermöglichen, sondern auch eine Kultur schaffen, in der Entwicklung als strategischer Vorteil gesehen wird – nicht als zusätzliche Belastung.

Welche Rolle spielt dabei die seit Februar 2025 in Kraft getretene Pflicht zur KI-Schulung im Rahmen des EU AI Acts?

Christian Friedrich: Die neue Schulungspflicht ist ein wichtiger Schritt, um den bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit KI zu fördern. Technologisches Wissen allein reicht nicht aus – entscheidend ist, dass Mitarbeitende nicht nur KI nutzen, sondern auch verstehen, wie sie ethisch, strategisch und effizient eingesetzt wird. Unternehmen sollten diese Verpflichtung daher nicht nur als regulatorische Anforderung betrachten, sondern als Chance, nachhaltige Weiterbildungsstrukturen zu etablieren. Statt einmaliger Pflichtschulungen sind kontinuierliche Lernangebote sinnvoll, die den Mitarbeitenden helfen, mit den schnellen Entwicklungen Schritt zu halten und KI gezielt als Werkzeug zu nutzen.

Mit welchen Ansätzen und ggf. Tools können Unternehmen dem auf der Website der Haufe Akademie beschriebene "Future-Readiness-Gap" begegnen? Kann KI dabei ein Hilfsfaktor sein oder ist es eher eine zusätzliche Bürde?

Christian Friedrich: Unternehmen können den "Future-Readiness-Gap" nur schließen, wenn sie Weiterbildung nicht nur situativ, sondern kontinuierlich denken. Dafür muss sie strategisch gedacht und als fester Bestandteil der Unternehmenskultur verankert sein. Dabei spielen moderne Lernplattformen wie zum Beispiel Learning Experience Platforms eine zentrale Rolle, da sie personalisierte und skalierbare Weiterbildung ermöglichen.
KI kann hierbei ein wertvoller Unterstützer sein – etwa durch intelligente Lernempfehlungen oder die Automatisierung administrativer Prozesse. Entscheidend ist jedoch, dass KI nicht als Selbstzweck eingesetzt wird. Unternehmen müssen sicherstellen, dass Mitarbeitende nicht nur neue Tools nutzen, sondern auch die Fähigkeit entwickeln, Veränderungen aktiv mitzugestalten und Technologie bewusst einzusetzen. Die Haufe Akademie unterstützt Unternehmen genau an dieser Schnittstelle.

Worauf müssen sich Unternehmen und Mitarbeitende Ihrer Ansicht nach im Umgang mit KI in nächster Zeit einstellen?

Christian Friedrich: KI wird nicht nur Prozesse automatisieren, sondern ganze Geschäftsmodelle und Arbeitsweisen verändern. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass klassische Rollenbilder aufbrechen und sich viele Tätigkeiten neu definieren. Das bedeutet, dass nicht nur technologische Fähigkeiten gefragt sind, sondern auch die Fähigkeit, in interdisziplinären Teams zu arbeiten, kritisch zu hinterfragen und neue Lösungen zu entwickeln.
Der größte Fehler wäre es, KI nur als Effizienztreiber zu betrachten – sie kann vielmehr dazu beitragen, Mitarbeitende zu entlasten und Raum für kreative, wertschöpfende Tätigkeiten zu schaffen. Entscheidend wird sein, eine Unternehmenskultur zu etablieren, die kontinuierliche Weiterentwicklung nicht als Pflicht, sondern als strategische Notwendigkeit begreift.