Einsatz von virtueller Exposition in der Therapie
Bremen, Januar 2017 - Die Nutzung von Simulationen zur Kompetenzentwicklung hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Sie ist in vielen modernen Aus-, Fort- und Weiterbildungsprozessen nicht mehr wegzudenken. Flug-, Fahrzeug- und Schiffsimulatoren stellen dabei nur einen kleinen Auszug der derzeitigen Einsatzmöglichkeiten dar. Insbesondere durch die rasant voranschreitende Entwicklung der sogenannten Head Mounted Displays - auch Virtual-Reality-Brillen genannt - rücken Virtual-Reality-Simulationen zusehends in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Bei der Entwicklung von Virtual-Reality-Brillen hat sich dabei im letzten Jahr besonders die HTC Vive positiv hervorgetan. Diese wurde in Zusammenarbeit mit dem Software- und Spieleentwickler Valve entwickelt. Die Vive besitzt zwei Displays mit einer Auflösung von 1.200 x 1.080 Pixeln und einer Bildwiederholungsrate von 90 Bildern pro Sekunde. All dies ermöglicht eine sehr realistische Bildqualität, wodurch ein bisher nicht gekannter Grad an Immersion erreicht wird.
Als Sensoren wurden ein Gyrosensor, ein Beschleunigungsmesser und ein Laser-Positionsmesser verbaut. Zusätzlich vermessen zwei in den Ecken eines Zimmers befestigte Lasersensoren (dem sogenannten "Lighthouse"-Tracking-System) den Raum und erfassen jede Bewegung des Nutzers. Die Bewegungen werden dann direkt in die virtuelle Welt übertragen. Die Interaktion mit virtuellen Objekten erfolgt mithilfe spezieller Game-Controller.
Doch nicht nur zu Aus-, Fort- und Weiterbildungszwecken lassen sich die Virtual-Reality-Simulationen nutzen. Ein weiterer – noch in den Kinderschuhen steckender – Anwendungsbereich, ist die Verwendung von Virtual Reality zu Therapiezwecken. Die szenaris GmbH hat in diesem Bereich in enger Zusammenarbeit mit Psychologen die virtuelle Expositionstherapie VEX zur Behandlung von Menschen mit Phobien entwickelt. Die Therapie greift dabei auf die Erkenntnis zurück, dass sich im Bereich der kognitiven Verhaltenstherapie speziell die Expositionstherapie als äußerst erfolgreiche Methode zur Behandlung von spezifischen Phobien, insbesondere Höhen- und Flugangst bewährt hat. Sie gilt mit 77 – 95% Erfolgsquote als die effektivste Therapiemethode. Die Expositionstherapie lässt sich auch zur Behandlung von traumatischen Erlebnissen anwenden, zum Beispiel bei PTBS-Patienten.
VEX ist definiert als eine computersimulierte Welt, in der eine PatientIn die Möglichkeit hat, sich umzusehen, sich zu bewegen und auf die virtuelle Umgebung zu reagieren. Dabei wird die PatientIn in eine virtuelle Realität versetzt indem visuelle und akustische Sinneskanäle angesprochen werden. Die Ausstattung des VEX-Systems ermöglicht einen hohen Grad der Immersion, was eine der Voraussetzungen für das Gefühl von Präsenz in VEX ist. Es stehen je eine Steuerungskonsole für die PatientInnen und eine für die TherapeutInnen zur Verfügung, so dass die TherapeutIn bei Bedarf unterstützend in die Steuerung eingreifen kann. Je nach Phobie wird die virtuelle Szene ausgewählt, in der sich die PatientIn während der Behandlung auf Anweisung der TherapeutIn bewegt und interagiert. Folgende Problembereiche können zurzeit therapiert werden:
- Höhenangst
- Flugangst
- Arachnophobie (Spinnenphobie)
- Soziale Phobie
- Behandlungen von traumatischen Erlebnissen
- Klaustrophobie (Angst vor engen Räumen)
- Agoraphobie (Angst vor weiten Plätzen (agora = Marktplatz), bestimmten Orten, Situationen oder Menschenansammlungen)
- Behandlung bei Alkohol- und Drogensucht
Das VEX-System besteht derzeit aus einem Notebook, der HTC Vive sowie der Simulationssoftware mit einer Szenarien-Basisinstallation. Dieses Basissystem kann je nach Anforderung individuell angepasst und erweitert werden. Innerhalb kurzer Zeit können maßgeschneiderte Szenarien geliefert werden, die genau nach den Therapievorgaben und Therapievorstellungen gestaltet werden. Darüber hinaus wird das System kontinuierlich um optionale Standard-Szenarien erweitert. Mit der virtuellen Exposition ist es möglich, 3D-Simulationen für die kognitive Verhaltenstherapie zu nutzen. Die Szenarien wurden so konzipiert, dass Expositionen in virtueller Realität kontrollierbar werden. Die Bedienung des Systems ist darüber hinaus ohne spezielle Computer-Kenntnisse für jede TherapeutIn möglich.
Auch wenn die Entwicklung von Virtual-Reality-Simulationen zu Therapiezwecken noch ganz am Anfang steht, fällt die Bewertung seitens der Psychologen und Therapeuten bisher sehr positiv aus.