Fernausbildung

Neues Lehren! Neues Lernen!

Bonn, Juli 2005 - Die Rahmenbedingungen für die Ausbildung in der Bundeswehr haben sich entscheidend geändert. Neben der strikten Ausrichtung an den Einsatzerfordernissen ist wirtschaftliches Handeln ein bestimmender Faktor. Die Streitkräfte reagieren mit einem umfassenden Transformationsprozess. Über Sachstand und Perspektiven sprach CHECKpoint eLearning mit Oberstleutnant Rolf Thielmann, Referent im Bundesministerium der Verteidigung beim Führungsstab der Streitkräfte.

Welche Eckpfeiler haben Sie im Ausbildungsmanagement gesetzt?

Thielmann: Wir reagieren auf die Transformation zum einen mit räumlicher Zentralisierung von Ausbildung und mit Standardisierung von Inhalten und Qualifikationsanforderungen. In meinem Bereich sehe ich gerade in der gemeinsamen Erarbeitung und Nutzung von Ausbildungsmodulen und Inhalten über alle Organisationsbereiche hinweg echte Synergien.

Weil Ausbildung immer öfter in Kooperation auch multinational zu sehen ist, gilt es, diese auch international zu harmonisieren, technisch größere Entfernungen zu überwinden, und Szenarien so vorzubereiten, dass das Zusammenspiel im Einsatz klappt. Neben Zentralisierung, Standardisierung und Harmonisierung ist Flexibilisierung ein weiterer Eckpfeiler. Wir versuchen, kleine flexible Module zu schaffen, die dann aufeinander aufbauend die Transformation in der Ausbildung vorantreiben.

Welche Rolle spielt dabei die Fernausbildung?

Thielmann: Fernausbildung wird zu einem treibenden Motor, zu einer Hilfe bei der Umsetzung der Transformation. Fernausbildung macht nämlich die steigende Funktionalität der wachsenden Informations- und Kommunikationstechnologie und der modernen Ausbildungstechnologie methodisch-didaktisch nutzbar. Sie tut dies konzeptionell als eigenständige Ausbildungsform, die entweder einzeln oder in Kombination mit Unterricht und praktischem Dienst einsetzbar ist.

Wesentlich dabei ist die Nutzung von Synergien aller unterschiedlichen Ausbildungsmittel zur optimalen Erreichung der gesetzten Ziele. Fernausbildung ist "Neues Lehren" und "Neues Lernen" und eine qualitative Bereicherung der gesamten Ausbildung.

In welchem Umfang ist Fernausbildung bereits im Einsatz?

Thielmann: Aktuell sind 13 Programme im Intranet-Portal des Streitkräfteamtes eingestellt, bis Jahresende werden etwa 20 Kurse zur Verfügung stehen. Momentan nutzen ca. 5.900 User das Lernportal. Wir streben eine bald mögliche Internetnutzung und damit auch eine deutliche Weiterung der Userzahl an.

Inhaltliche Schwerpunkte liegen momentan in der Fremdsprachen- und IT- Ausbildung, grundsätzlich soll Fernausbildung aber in allen Aus-, Fort- und Weiterbildungsbereichen zum Einsatz kommen. An verschiedenen Stützpunkten sind bereits verteilte Klassenzimmer eingerichtet, in denen kooperativ gelernt wird.

Zudem laufen Pilotprojekte zur Einführung der Fernausbildung, etwa bei der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Dort haben wir die didaktische Neuausrichtung eines herausgehobenen Lehrganges, dem Seminar für Sicherheitspolitik, realisiert.

Wir haben frühzeitig damit begonnen, Teletutoren in einem Modellversuch auszubilden. 60 Teilnehmer haben diese Maßnahme bisher abgeschlossen, der dritte Pilotlehrgang läuft gerade an. Danach soll diese Ausbildung gemäß Planung Streitkräfteamt zur Regelausbildung mit einer jährlichen Kapazität von 96 Teilnehmern werden.

Wie sehen die mittel- und langfristigen Ziele aus?

Thielmann: Fernausbildung eröffnet den für die Ausbildung Verantwortlichen neue Wege und Möglichkeiten. Sie wird die Ausbildung mittel- und langfristig hinsichtlich Lernzeit und Ort flexibilisieren. Sie wird Präsenzausbildung optimieren, indem z.B. der "Abholpunkt" des Lerners vor Beginn der Ausbildungsmaßnahme per Fernausbildungsanteil erhöht wird. Fernausbildung wird Verfügbarkeiten am Arbeitsplatz verlängern und Abwesenheitszeiten - auch von der Familie - verkürzen.

Es wird möglich sein, an Einsatzorten "on demand" auszubilden. Wenn vor Ort etwas ist, auf das die Regelausbildung nicht vorbereitet hat, wird gewährleistet sein, dass 1. die fehlende Information möglichst schnell dort ankommt und weitervermittelt wird, und 2. das "Fehl" an die Regelausbildung zurückgemeldet wird. Dieser Kreislauf ist uns sehr wichtig und wird konzeptionell eng mit den Schlagworten "Wissensmanagement für die Ausbildung" und "Expertennetzwerk" verbunden. Kurzfristig befinden wir uns aber noch im Einführungs- und Findungsprozess.

Bundeswehr, Verwaltung und Wirtschaft stehen gleichermaßen vor der Herausforderung, modernes Ausbildungsmanagement zu implementieren. Welche "Lessons learnt" gibt es bei der Bundeswehr?

Thielmann: Eine "Lesson learnt" ist z. B. die Einführung von Standardanwendungs-Softwareproduktfamilien (SASPF) in der Ausbildung. Dies wird uns in die Lage versetzen, Ausbildung durchgängig zu managen und eng am Bedarf orientiert, schnell und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Durch ganzheitliche, bereichsübergreifende Lösungen und Kooperationen lassen sich Synergien bei der Ausbildungsplanung, -steuerung und -durchführung erzielen und eine engere Bindung der Ausbildung an die Personalentwicklung anstreben.

Das ist ein Weg, den auch viele andere gehen. Wir werden auf dem 2. Fernausbildungskongress zeigen, wo wir stehen. Wir suchen dort den Dialog mit Firmen und Organisationen, die ähnliche Fragen wie wir beantworten müssen. Nämlich, wie realisiere ich ein effizientes Ausbildungsmanagement? Wie nutze ich die Chancen moderner Technologien dabei methodisch-didaktisch sinnvoll? Wie verbinde ich das am effektivsten mit den Zielen meiner Personalentwicklung? Die Probleme sind oftmals gleich und die Lösungen ähnlich. Wir wollen Lösungen diskutieren und Erfahrungen tauschen. Es soll für alle Beteiligten deutlich werden, wohin die Reise der Bundeswehr geht.



Auf dem 2. Fernausbildungskongress der Bundeswehr:

Workshop "Transformation der Ausbildung in der Bundeswehr - Fernausbildung: Neues Lehren! - Neues Lernen!", Donnerstag 22. September, 10.00 - 12.30 Uhr