LEARNTEC: "Wir wollen wachsen"
Berlin, Februar 2019 - Wie kommentiert man eine Veranstaltung, die im 27. Jahr ihres Bestehens endlich weiß, dass an ihr kein Weg mehr vorbeiführt? "Keine Digitalisierung ohne digitales Lernen" - diese Erkenntnis hat das Selbstbewusstsein der Nischenbranche "eLearning" sichtbar gehoben. Die Besucher strömen und zaubern Zufriedenheit in die Gesichter der Aussteller. Wenn, ja wenn da nicht das Wachstumsproblem wäre. Die LEARNTEC-Projektleitung will 2020 auch neuen Playern interessante, gut sichtbare Ausstellungsflächen anbieten und kündigte daher ein verändertes "Rebooking-Verfahren" bereits im November 2018 per eMail an. Wer komplett auf die Vorbereitung der diesjährigen Messe konzentriert war, hatte das Nachsehen. Und so kam die LEARNTEC 2019 - trotz bester Stimmung und Geschäfte - doch noch zu ihrem Aufreger...
Besonders betroffen auf die neue Art des Umgangs mit der Flächenvergabe reagierten Aussteller, die seit 15, 20 oder mehr Jahren der LEARNTEC die Treue gehalten und die Messe durch Hochs und Tiefs nicht nur als Aussteller begleitet sondern auch mit ihrem Engagement inhaltlich gestützt haben. "Wertschätzung sieht anders aus" war noch eine der freundlicheren Feststellungen angesichts der Neuerungen.
Als "frech" bezeichnet Johannes Schnell, CBTL, das Ansinnen, bestimmte Standorte in einer Halle künftig nur noch über eine Flächenvergrößerung zu vergeben. "Ich hätte erwartet, über geplante Veränderungen rechtzeitig auf dem Laufenden gehalten zu werden.", kommentiert er. Armin Hopp von speexx sieht die Neuaufteilung der Ausstellerflächen relativ gelassen: "Wir haben bereits größer gebucht," erklärt er. "Trotzdem ist das, was hier gerade geschieht, keine nachhaltige Ausstellerpflege. Ich hätte zumindest erwartet, dass man mit uns darüber redet."
Ganz gelassen sieht Christian Wachter, Vorstand der IMC AG, den Sachverhalt. "Das hilft auch einmal darüber nachzudenken, ob man sich nicht gegebenenfalls verkleinern möchte.", merkt er ganz unverbümt an. "Die Marktsättigung in Deutschland ist aus unserer Perspektive ziemlich weit fortgeschritten. Für die Bestandskundenpflege tut es auch ein kleinerer Stand."
Enrico Korb von Matersolution bezeichnet sowohl die Rebooking-Maßnahmen als auch die Preiserhöhungen als "schwierig". Im Fall der Mastersolution trat ein massives Kommunikationsproblem auf, denn die Mail, mit der der Stand für 2020 gebucht werden sollte, verschwand. "Und dann war unser bisheriger Stand einfach weg." Kompagnon René Schädlich ergänzt: "Ich weiß nicht, ob das gut geht. Schließlich sind wir hier in Karlsruhe und nicht in London."
Besonders benachteiligt fühlt sich Thomas Jenewein von SAP. "Die SAP kann nicht eben mal im Handumdrehen über Budgets verfügen, die entsprechend der Konzernabläufe noch gar nicht zur Entscheidung anstehen." Aber auch persönlich ist er enttäuscht. "Ich habe mich jahrelang inhaltlich engagiert, im Beirat, im Start-up-Bereich und vielem mehr, um die Messe vorwärts zu bringen. Doch das scheint jetzt niemanden mehr zu interessieren." Mögliche Konzequenzen seitens der SAP will er offen halten.
Mit deutlichen Nachteilen muss auch die VIWIS GmbH rechnen, die seit 22 Jahren auf der LEARNTEC ausstellt. "Wir haben im vergangenen Jahr einen neuen Messestand bauen lassen, der exakt an unsere Hallenposition angepasst ist.", erklärt Geschäftsführer Dr. Werner Kohn. "Ist diese Invesition jetzt in den Sand gesetzt?" fragt er angesichts des Umstands, dass der bisherige Standplatz bereits anderweitig vergeben wurde. "Vollendete Tatsachen sind einfach unschön", fährt er fort und ergänzt "Hier wird kurzfristiges Geld auf dem Rücken langjähriger Kunden verdient."
"Wir machen das nicht aus Böswilligkeit," erklären Jochen Georg und Rene Naumann als LEARNTEC-Verantwortliche unisono. "Aber wir müssen einfach wachsen. Und viele neue große Unternehmen hätten sonst nie eine Chance bekommen. Wir sehen uns als Plattform mit und für die gesamte Branche." Doch Rene Naumann gesteht zu, dass die Zeit seit der ersten Ankündigung zu kurz gewesen sei, um mit allen Ausstellern über die Änderungen zu sprechen. Die Preiserhöhungen verteidigt er damit, dass das erweiterte Themenspektrum neue zusätzliche Besuchergruppen anzieht und so Mehrwert schafft. "Aber es wird 2020 auch Preissenkungen geben," verkündet er gleichzeitig. "Wir werden an jedem Stand einen festen Lan-Anschluss für nur 99,- Euro verlegen."