"Das Wichtigste ist eine pädagogische Zielstellung"
Berlin, Juli 2014 - ELearning kann - richtig eingesetzt - Kosten senken und den Lernerfolg erhöhen. Doch inwieweit sind die positiven Erfahrungen aus Wirtschaftsunternehmen auch auf Schulen übertragbar? Welche Herausforderungen im Unterricht sollen angegangen werden, wie kann der Alltag für Lehrende und Lernende verbessert werden? Ein Gespräch mit Christian Grune, Geschäftsführer von itslearning Deutschland, über die Bedingungen des Gelingens von Lernplattformeinsätzen in deutschen Schulen.
Was können deutsche Schulen von ihren norwegischen Kollegen beim Technologie-Einsatz im Unterricht lernen?
Christian Grune: Das skandinavische Bildungssystem mit seiner Orientierung auf individuelle Förderung und gleichzeitiger sozialer Integration ist Impulsgeber in der deutschen Reformdebatte. Technologie wird in Skandinavien viel unbefangener eingesetzt – mit dem klaren Ziel, die Arbeit für Lehrkräfte effizienter zu machen. Zentrale Aufgabe einer gut eingesetzten Lernumgebung ist es, Schülern das eigene Lernen transparent zu machen, zu zeigen, wo sie stehen, wo sie hin können und wie sie dort hinkommen. Ein individueller Lernplan, kompetenzbasierte Bewertungen und damit verbundene Leistungsstandanalysen sind pädagogische Hilfsmittel, die in skandinavischen Ländern selbstverständlich eingesetzt werden.
In Skandinavien oder in anglo-amerikanischen Ländern gehören Lernplattformen quasi zur Grundausstattung der Schule. Was hemmt eine entsprechende Entwicklung in Deutschland?
Christian Grune: Eine der größten Herausforderungen in Deutschland ist die Koordination zwischen Aufgaben der Länder und der Schulträger. Pädagogik in der Zuständigkeit des Landes und pädagogische Infrastruktur als Aufgabe der Schulträger können nicht getrennt gedacht werden. Hier gibt es viele Reibungsverluste. Außerdem beobachten wir in Deutschland Vorbehalte gegenüber kommerziellen Lösungen, nur weil sie Geld kosten. Dass auch Open-Source Lösungen spätestens bei intensiver Nutzung viel Geld kosten können, wird oft nicht bedacht.
Was also tun?
Christian Grune: Anstatt in eine eigene IT-Infrastruktur mit dem dazu notwendigen Personal für Hosting und Wartung zu investieren, können mit einer schlanken Infrastruktur Kosten gespart und das Augenmerk auf den Unterricht statt auf die zeitintensive Technikkonfiguration gelenkt werden. Die erfolgreichen Lösungen für Schulen in England oder Skandinavien heißen nicht Dropbox, Facebook & Co. oder Do-it-yourself-Angebote, sondern sind eine Kombination aus schlanken, auf zentrale Verwaltungsaufgaben, spezialisierte Schulnetzlösungen und pädagogisch gestaltete Lern- und Arbeitsumgebungen im Web mit einem stabilen und sicheren Betriebskonzept.
Worauf sollten IT-Verantwortliche an den Schulen achten?
Christian Grune: Das Wichtigste ist eine pädagogische Zielstellung: Die vielerorts existierenden Empfehlungen zur Medienentwicklungsplanung können als Hilfe in der Prozessgestaltung gut verwendet werden. Doch Technik ist kein Selbstzweck, sondern hat eine dienende Funktion. Daraus ergibt sich eine zweite wichtige Anforderung an schulische IT-Ausstattung: Sie muss funktionieren und dabei einfach und sicher sein. Drittens ist eine langfristig durchdachte Finanzierung wichtig.
Gute und dauerhaft funktionierende Lösungen gibt es nicht umsonst. Ein fairer Vergleich möglicher Lösungen sollte immer die langfristigen Kosten bei intensiver Nutzung sowie den Aufwand für Wartung, Betreuung, Schulung betrachten. Zu oft werden vorhandene Mittel falsch verteilt oder sind in schlecht angenommenen Lösungen blockiert. Hohe Akzeptanz und Nutzungsintensität sind die Erfolgsindikatoren der Investitionssicherung.