"Von zwischenzeitlichen Erkenntnissen profitieren"
Berlin, Mai 2020 - Wenn große Ungewissheit, Komplexität oder Dynamik im Spiel sind, eignen sich agile Vorgehensweisen besonders, erklärt Heiko Bartlog, der als Berater Raum, Gelegenheiten und Zutaten für agile Zusammenarbeit bietet. Heiko Bartlog begleitet als "Gastgeber für Innovation" Unternehmen auf dem Weg zu agiler Zusammenarbeit und Innovation.
Warum braucht die Welt agile Methoden im Projektmanagement?
Heiko Bartlog: Ich tue mich etwas schwer mit dem Begriff "agile Methoden", denn für mich können nur Menschen "agil" denken und handeln. Eine Methode kann man dagegen sehr unterschiedlich einsetzen, sowohl mit agiler Haltung als auch ganz anders. Aber es gibt natürlich Methoden, Techniken und Werkzeuge, die eher für agile Arbeitsweise geeignet sind als andere und durch die Anwendung sogar Agilität fördern können.
Doch um auf die Frage zu antworten: Eine agile Herangehensweise eignet sich vor allem bei solchen Projekten, bei denen eine große Ungewissheit, Komplexität oder Dynamik zu erwarten ist. Wenn also das Ziel erst im Laufe des Projektes geschärft wird, wenn man damit rechnet, dass viele Anforderungen erst im Laufe des Projektes klar werden, wenn sich das Ziel im Laufe der Zeit verändern kann - durch interne oder externe Faktoren. Und: Wenn viele Menschen beteiligt sind. Wenn es um die Befriedigung vager Nutzerbedürfnissen geht und nicht allein um die Umsetzung klar definierbarer technischer Anforderungen.
Inwiefern findet bei der Einführung agiler Arbeitsweisen implizit eine Weiterbildung bzw. Entwicklung der Beteiligten statt?
Heiko Bartlog: Da Weiterbildung und 'Personalentwicklung' definitiv komplexe und dynamische Themen sind, erscheint es mir klug, agil vorzugehen: Also beispielsweise schrittweise und 'auf Sicht' zu agieren, um von den zwischenzeitlichen neuen Erkenntnissen zu profitieren und den Plan iterativ anzupassen.
Selbst ein Ein-Jahres-Plan kann nach der Erfahrung der ersten Fortbildung schon obsolet sein. Oder für ein neues Projekt werden plötzlich ganz andere Kompetenzen benötigt, als im Fortbildungsplan vorgesehen. Übrigens: Eine gute Einführung von Agilität in Organisationen sollte selbst agil erfolgen und damit kontinuierliches Lernen durch neue Erfahrungen und regelmäßige Reflexion im Team ermöglichen.
Was ist Ihr persönlicher "Favorit" im agilen Werkzeugkasten?
Heiko Bartlog: Ich bin davon überzeugt, dass Methoden und Praktiken wichtig sind, um das Verhalten zu ändern, neue Erfahrungen zu machen und zu lernen, um so langfristig auch eine agile Haltung zu entwickeln, die dann nicht mehr auf Werkzeuge angewiesen ist. Trotzdem habe ich einen Favoriten: Regelmäßige Retrospektiven im Team. Das ist der Hebel zum Lernen, zum stetigen Anpassen und Verbessern.
Was tun Sie, um Menschen für diese Art des Arbeitens zu gewinnen?
Heiko Bartlog: Ich lade gerne dazu ein, sich für einen begrenzten Zeitraum, wie zum Beispiel ein Spiel, ein Workshop, ein Experiment, ein Projekt, oder ähnliches, einfach einmal darauf einzulassen und dann auf Basis der neuen Erfahrungen gemeinsam zu reflektieren, ob das nun etwas Sinnvolles und Nützliches für diese Person bzw. für das gemeinsame Team ist oder warum vielleicht eben auch nicht.