Welche Führungskompetenzen benötigen Unternehmen heute?
Düsseldorf, September 2020 - Ineffektive Führung hat greifbare und weitreichende Konsequenzen. Sie ist kostenintensiv und kann bis zu sieben Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens kosten. Außerdem beeinflusst die Qualität der Führung die Mitarbeiterfluktuation. Mitarbeiter verlassen nicht nur ihre Position, sondern vor allem ihre Vorgesetzten. Eine bessere Führung kann bis zu 32 Prozent der freiwilligen Fluktuation verhindern. Eine weitere Konsequenz ist eine geringere Kundenzufriedenheit aufgrund schwacher Führungspraktiken: Sie führt zu einem fast 4vier Prozent geringeren Ertragswachstum.
Lange Zeit war das Bild der Führung das vom sogenannten "Top-Down-Ansatz" mit Befehlen und Anweisungen von oben an eine Schar loyaler Untergebener, die folgen sollten, ohne Frage zu stellen. Unsere heutige Geschäftswelt wird jedoch immer smarter, schneller, agiler und demokratischer. Die digitale Wirtschaft hat zu einem Wandel bei der Ausführung der Arbeit geführt, was wiederum das Gesicht der Führung verändert hat. Die Führungskraft von gestern – der heroische Einzelkämpfer im Chefsessel – wird immer schneller obsolet.
Führungsanforderungen im digitalen Zeitalter
1. Arbeiten mit agilen Teams und Ad-hoc Kadern
Heute werden fast alle Arbeiten von Teams durchgeführt. Die statische Unternehmenshierarchie hat das Tor zu fließenden, funktionsübergreifenden Teams geöffnet. Diese werden oft für bestimmte Projekte oder Aufgaben zusammengestellt und nach Abschluss dieser, bilden sich neue Teams für die nächsten Aufgaben. Anstelle von statischen Gruppen mit direkten Vorgesetzten, die mit der Ausführung von Plänen beauftragt werden, betreuen die Führungskräfte von heute, bereichsübergreifende oder sogar globale Teams.
Das Führen solcher aufgabenbezogenen Teams bedarf eines neuen Sets an Kompetenzen. Da die Unternehmenshierarchien in funktionsübergreifenden Netzwerken flacher sind, wird Führung weniger absolut und deshalb verbundener und dynamischer.
2. Funktions- und positionsübergreifende Entscheidungsfindung
Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen, Automation und Datenwissenschaften sind zu unseren Realitäten geworden. Neue funktionale Praktiken, wie der Prozessverbesserungs-Ansatz DevOps bei der Softwareentwicklung, haben sich entwickelt. Neue Methoden des agilen und designorientierten Denkens haben sich unternehmensübergreifend etabliert. Rollenübergreifende Arbeit ist jetzt die Norm.
Laut der Studie von Skillsoft und HR.com erklären 70 Prozent der Teilnehmer, dass die Entscheidungsfindung heute oftmals funktions- und positionsübergreifend verteilt wird. Führungskräfte im digitalen Zeitalter sollten diese funktionsübergreifende Zusammenarbeit fördern, dabei vielfältige Ideen und Lösungen erzeugen und eine Verschmelzung von Funktionen vereinfachen.
3. Empowerment statt Mikromanagement
Eine wichtige Technik im Repertoire einer heutigen Führungskraft ist die Praxis der "ermächtigenden Führung". Während die Führungskraft von gestern Befehle erteilt hat, nimmt die moderne Führungskraft Einfluss durch Coaching und Motivierung. Anstatt dem Team eine vorbestimmte Richtung aufzuerlegen, gestaltet eine Führungskraft den Teamkontext und korrigiert den Kurs bei Bedarf. Führungskräfte von heute müssen Vertrauen und eine Arbeitsumgebung für kollaboratives Arbeiten fördern, in welcher sich die Mitarbeiter entfalten, Ideen anbieten und Risiken eingehen können.
Fortschritte hängen nicht länger von der Zustimmung jeder Handlung durch die Führungskraft ab. Verantwortliche, die hingegen an einem Mikromanagement festhalten, verhindern Innovation und sind gegenüber agileren Mitbewerbern verstärkt im Nachteil.
4. Förderung von Innovationen als Kernaufgabe
Die Kernaufgabe von Führungskräften hat sich von der Überwachung ausführender Arbeiten zur Anregung von Innovation gewandelt. Kundenerwartungen steigen und Unternehmen fühlen sich unter Druck, in einem stetig und rasch wachsenden Tempo neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen. Das geschäftliche Überleben hängt mehr als jemals zuvor von der Fähigkeit ab, schnell und immer wieder innovativ zu sein. Führungskräfte müssen lernen, Trends und Chancen zu erkennen, Kundenfeedback zu berücksichtigen und vielversprechende Ideen von Mitarbeitern anzunehmen.
5. Kontextuelles Denken statt eindimensionaler Fähigkeiten
Es besteht ein Missverhältnis zwischen dem, was Unternehmen von ihren Führungskräften benötigen und der Art, in der Führungskräfte entwickelt werden, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Ausbildung von effektiven Führungskräften bedarf heutzutage eines neuen Ansatzes. Das Vermitteln von Fähigkeiten allein reicht nicht aus.
Fähigkeiten ermöglichen Handlungen, während Denkweisen den Kontext für diese Handlungen bereitstellen. Fähigkeiten sind eindimensional, Denkweisen kontextbezogen. Eine zeitgemäße Denkweise sollte die Fähigkeiten von Führungskräften verbessern, ihr Verhalten unterschiedlichen Situationen anzupassen, die unser sich schnell wandelnder Geschäftsalltag mit sich bringt. Während eine statische Fähigkeit einmalig erlernt werden kann, muss eine solche Denkweise regelmäßig durch kontinuierliches Lernen gefördert werden.
6. Führungsaufgaben werden demokratisiert
Arbeiten werden heute überwiegend in Teams erledigt, die häufig projektbasiert und funktionsübergreifend sind. Es ist daher notwendig, Führungskräfte auf allen Unternehmensebenen zu entwickeln. Dies ist eine organische Entwicklung. Immer mehr Unternehmen geben Silo-Hierarchien zugunsten von netzwerkartigen Strukturen mit flachen Hierarchien auf. Die Einflussnahme der Mitglieder aufgabenbezogener Teams nimmt damit automatisch zu.
Anstatt auf Anweisungen von oben zu warten, gestalten engagierte Mitarbeiter den Teamfortschritt. Sie übernehmen somit bereits de-facto Führungsaufgaben. In der erwähnten Skillsoft/HR.com-Studie bestätigten 91 Prozent der Befragten, dass diese informellen Führungskräfte oft effektiver sein können als die formellen.
7. Bedarfsorientierte Lernangebote für alle Führungsebenen notwendig
Diesen organischen Trend nutzend, „demokratisieren“ zukunftsorientierte Unternehmen bereits aktiv ihre Führungsprogramme. Sie weiten die Schulungen zur Entwicklung von Führungskräften auf alle Unternehmensebenen aus, anstatt sich nur auf die Führungskräfte in der oberen Ebene zu konzentrieren. Allerdings ist der budgetierte Löwenanteil für Entwicklungsprogramme für Führungskräfte laut der Skillsoft-Studie mit über 40 Prozent in den meisten Unternehmen noch immer den oberen Unternehmensebenen vorbehalten.
61 Prozent der Befragten sind allerdings der Ansicht, dass die Entwicklung von Führungskräften in ihren Unternehmen in den nächsten drei Jahren demokratisierter erfolgen wird, da der Bedarf an effektiver Führung auf allen Ebenen immer offensichtlicher wird. Als Ergänzung zu anderen Schulungsangeboten vereinfacht vor allem die heutige eLearning-Technologie das Angebot von individuell auf die Bedürfnisse unterschiedlichster Mitarbeitergruppen zugeschnittener Lernangebote. Sie entspricht außerdem den Erwartungen von Mitarbeitern, dass das Lernen "on demand" verfügbar sein sollte und in ihren Arbeitsfluss integriert ist.
"Lernplattformen werden immer intelligenter und beziehen prädiktive Analytik ein, um spezielle Fähigkeiten und passende Schulungsinhalte zu identifizieren. Dabei schlagen sie beispielsweise einem Mitarbeiter, der gerade befördert worden ist, einen Lehrplan für erstmalige Manager vor", erklärt Andreas Rothkamp, VP DACH-Region bei Skillsoft.
"Zusätzlich verändern Mikro-Lernkomponenten beim eLearning signifikant die Art und Weise, wie Schulungen in den Arbeitsalltag integriert werden können. Statt zeitaufwändiger Workshops können bedarfsgerechte kurze Lerneinheiten dazu beitragen, Lernen zu einer kontinuierlichen Praxis zu machen und damit agile Denkweisen und ständig wechselnde neue Fähigkeiten zu fördern."