Expertenmeinung

LMS vs LXP: Was sind die Unterschiede?

Karlsruhe, April 2024 - (Von Beate Bruns, time4you) Um das vermeintliche Gegensatzpaar LMS vs LXP hatte sich in den vergangenen Jahren ein regelrechter Hype gebildet. Die beiden Abkürzungen stehen für Learning Management System, kurz LMS, und Learning Experience Platform, kurz LXP. Doch was genau steckt hinter den Begriffen, und was bedeutet die Unterscheidung für die Suche nach der passenden Lernlösung?

Künstlich aufgebauter Gegensatz oder echte Differenz?

Seit der Corona-Pandemie sind Softwarelösungen und Plattformen für Lernende und Lehrende noch stärker im Fokus als zuvor. Institutionen wie Schulen, Universitäten und Unternehmen, die Schulungen anbieten, suchen nach Tools, die das digitale Lernen möglich machen. Schnell stößt man bei der Suche nach solchen Tools auf Begriffe wie LMS, Lernplattform, Learning Management System, LXP. Alternative Bezeichnungen sind Learning System Suite und Next Generation Digital Learning Environment (NGDLE) sowie Lern-Ökosystem.

Auf den ersten Blick scheinen alle genannten Tools nahezu das Gleiche zu tun. Sie stellen Lehrmaterialien und Lerninhalte bereit und erleichtern die Kommunikation mit Lehrpersonen und Lernenden. Gibt es also tatsächlich so große Unterschiede zwischen den Systemen und muss man sich am Ende für eines entscheiden?

Was ist ein Learning Management System (LMS)?

Ein Learning Management System (LMS) ist eine erweiterbare Softwarelösung, die eine personalisierte digitale Lernumgebung für Lernende anbietet. Im Grunde ist ein LMS der Industriestandard für digitales Lernen bzw. eLearning. Wie der Name schon sagt, wird es in der Regel für die Verwaltung und das Lernmanagement der Benutzer:innen verwendet. Der Schwerpunkt der Anwendung liegt bisher vor allem auf formalisierten Lernprozessen wie Zertifizierungen und Compliance-Schulungen.
Mittels eines LMS können Lernende zum Beispiel ihre Lerninhalte, Kursmaterialien oder auch ihre Noten abrufen und ihre persönlichen Lernfortschritte nachverfolgen. Für Lehrpersonen und Trainer dient ein LMS dazu, Arbeitsaufträge und -Materialien hochzuladen, Kursmaterialien in z.B. Modulen zu strukturieren und mit den Kursteilnehmer:innen in Kontakt zu treten. Die Lernenden laden beispielsweise ihre Übungsblätter oder Hausarbeiten in das LMS, die dann ihrerseits online benotet und kommentiert werden.

Mittels eines LMS lässt sich also die Bereitstellung von Lernmaterialien sehr effizient und effektiv gestalten. So eignet sich ein Learning Management System gut als digitale Ergänzung zum klassischen Präsenztraining und spielt eine Nebenrolle. Ein LMS kann aber auch die Hauptrolle spielen, wenn z.B. die Organisation nur digitales Lernen anbietet. In beiden Fällen lässt das LMS durch Schnittstellen in die bereits vorhandende Infrastruktur nahtlos einbinden.

Im Zuge von Remote-Work und Homeoffice wurden die LMS in nie dagewesenem Umfang als eLearning-Plattform genutzt. Oft stellte man dabei fest, wo die Grenzen des Systems liegen können, vor allem, wenn es um personalisiertes Lernen geht.

LMS vs LXP: Die Vorteile von LMS im Überblick

Einfache und übersichtliche Lernerfahrungen
Das LMS ermöglicht es Lernenden, alle Kursmaterialien und Aufgaben zentral zu finden und zu speichern – egal von wo aus. Kursmaterialien lassen sich anhand von Modulen, Aufgaben etc. besser organisieren und sogar mit Präsenzveranstaltungen im Sinne eines Blended Learning-Ansatzes verknüpfen.

Aussagekräftiges Reporting möglich
Die Software ermöglicht es, Lernfortschritte, Kursbelegungen und vieles mehr mit nur wenigen Klicks nachzuvollziehen. Aussagekräftige Berichte und Kennzahlen, personalisierte Dashboards und Workflows unterstützen Führungskräfte, Trainer:innen und die Kursadministration. Individuelle Einstellungen, die persönliche Bildungshistorie und tagesaktuelle Kursempfehlungen runden das Lerner-Cockpit im Learning Management System ab.

Einfache Handhabung und Kommunikation
In einem LMS sind Kursteilnehmende und Trainer:innen digital verbunden. Die Kommunikation zwischen Lehrpersonen und Lernenden gestaltet sich somit einfach und zentral. Auch Diskussionen und Foren dienen dazu, miteinander zu networken und asynchron zu kommunizieren.

Was macht eine Learning Experience Platform (LXP) aus?

Der größte Unterschied von Learning Experience Platforms zu gängigen Learning Management Systemen wird im Wort "Experience" angedeutet. Bei einer LXP stehen die Lernenden mit ihren Erfahrungen im Lernprozess im Fokus. Hier geht es darum, den User:innen eine intuitive und individuell zugeschnittene Lernerfahrung zu ermöglichen.

Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen einem LMS und einem LXP ist zudem das Push- bzw. Pull-Lernen. Ein LMS basiert in erster Linie auf Push-Lernen, bei dem die Trainingsinhalte direkt an den Lernenden übermittelt werden. Bei einem LXP ist dagegen das Pull-Lernen der Regelfall. Dabei werden die Lernenden durch kollaborative, personalisierte Inhalte zum selbstgesteuerten Lernen in Eigenaktivität animiert. Viele starke Lernkulturen nutzen sowohl Push- als auch Pull-Learning, um unterschiedliche Funktionen zu erfüllen.
Eine Learning Experience Platform ist darauf angelegt, die User miteinander zu vernetzen und den Lernenden ganzheitliche Unterstützung zukommen zu lassen. Mittels Learning Analytics können die Lerngewohnheiten und das Lernverhalten der Teilnehmer:innen analysiert werden. Auf Basis der Ergebnisse kann das System ihnen daraufhin personalisierte Unterstützung zukommen lassen. Beispielsweise in Form von weiterführenden Links, Literatur, Quizzen oder Übungsaufgaben.

Damit stellen LXP eine moderne und Analytics-gesteuerte Weiterentwicklung klassischer LMS dar. Sie stellen nicht nur Inhalte bereit, sondern zeichnen sich vor allem durch hohe Interaktivität und Adaptivität aus. Unterstützende Algorithmen regen zum Weitererforschen der Lerninhalte an. Die einfach und intuitiv zu bedienende Benutzeroberfläche moderner LXPs erleichtert das Arbeiten und Lernen. Darüber hinaus bieten Learning Experience Platforms auch zahlreiche Möglichkeiten zur Kollaboration. Dazu gehört beispielsweise das Teilen von Inhalten und Vernetzen mit anderen Usern in Expertennetzwerken oder das synchrone Lernen in Live-Sessions.

LMS vs LXP: Die Vorteile von LXPs im Überblick

Lernerzentriertheit
Die Lernenden stehen im Fokus, die Funktionen sind individuell anpassbar. Die hohe Personalisierung sorgt für intuitive Lernpfade.

Intuitive Benutzeroberfläche
Die Benutzeroberfläche ist intuitiv und einfach gehalten. Ähnlich wie bei Streaming-Anbietern lassen sich Inhalte schnell finden. Es entsteht eine intuitive und individuelle Lernumgebung, die Lust auf Mehr weckt.

Kluge, lernunterstützende Algorithmen
Mittels Analytics erhalten die Lernenden individuelle Lernhilfen wie Links, Literatur oder Übungen. Es entsteht so kein linearer Lernpfad, sondern eine Art personalisiertes Lernuniversum. In diesem Universum wechseln die User zwischen verschiedenen Lerninhalten nach Belieben hin- und her. Selbstgesteuertes Lernen macht damit den überwiegenden Teil der Lernerfahrungen aus.

Soziale Kollaboration
Viele Möglichkeiten zum Teilen von Inhalten und zur Kommunikation der Lernenden und Lehrenden untereinander machen aus LXP ein kommunikatives Netzwerk. Über Schnittstellen lassen sich Tools wie MS Teams, Zoom aber auch GoogleDoc nahtlos einbinden. So gelingt das Lernen und Unterrichten ohne Medienbruch.

Externe Kataloge zum Stöbern und Entdecken
Über eine Schnittstellen zu externen Content-Bibliotheken lassen sich Lerninhalte von z.B. Udemy oder LinkedIn Learning in das eigene Trainingsangebot integrieren. So lassen sich Trainingsanbieterübergreifend präsentieren und eröffnen die ganze Welt des digitalen Lernens.

LMS vs LXP: Entscheidend ist die Nutzung

Viele Organisationen fokussieren mit einem gängigen LMS eher auf traditionelle Lernformate und Compliance-Schulungen. In anderen wiederum steht die Erfahrung der Lernenden und selbstgesteuertes Lernen im Mittelpunkt. Hier geht es nicht nur um die Bereitstellung von Lerninhalten, sondern um den interaktiven, intuitiven und personalisierten Umgang damit. Die User verinnerlichen in ihrem eigenen Tempo Gelerntes und denken dies auch interaktiv weiter. Algorithmen, die darauf ausgelegt sind, schnell, intuitiv und einfach die relevanten Inhalte zur Verfügung zu stellen, unterstützen diesen Prozess.

So liegt es mehr im Ermessen der L&D-Abteilung, ob man einen eher ganzheitlichen und selbstverantwortlichen Ansatz anwenden. Ein solcher Ansatz regt zur weiterführenden Beschäftigung mit Lerninhalten in ganz unterschiedlichen Formaten an, was nicht immer gewünscht ist. Während z.B. ein LMS mit Social Learning-Tools erst ausgebaut wird, stehen diese Formate bei einer LXP bereits im Vordergrund.

LMS vs LXP: Am besten ist eine Plattform, die beides kann

Ein reines LXP-System wäre im Betrieb jedoch nicht ausreichend. Die LMS-Funktionen, die die Minimalanforderungen einer Corporate Learning-Abteilung abdecken, lassen sich über ein LXP im engeren Sinne nicht abbilden. Adaptives und selbstgesteuertes Lernen sowie der Einsatz von KI sind auch mit einem marktüblichen LMS möglich. Es kommt eher darauf an, ob dies tatsächlich erwünscht ist und für Admins und Lernende freigeschaltet wird.

Trotz aller Unterschiede sind die Trennlinien zwischen Learning Management Systems und Learning Experience Platforms sehr unscharf. LXP-Plattformen sind eher eine Erweiterung sehr einfacher LMS-Systeme. Fortgeschrittene LMS verfügen heute in der Regel über alle Funktionen, die eine Learning Experience Platform auszeichnen.

Mit anderen Worten: Viele Lernplattformen lassen sich nicht in Schubladen wie LMS oder LXP stecken. Das macht die begriffliche Unterscheidung zwischen LMS- und LXP-Plattformen nicht irrelevant. Ganz im Gegenteil, es ist ein spannender Trend, der die Grenzen unseres Denkens über die Kategorisierung von digitalem Lernen verschiebt.