Technische Unterstützung fehlt in Schulen und Hochschulen
Hagen, September 2020 - Unterricht und Lehre fallen im Zuge der Corona-Krise teilweise aus, weil die technische und mediendidaktische Unterstützung fehlt. Das digitale Zeitalter ist in vielen Schulen noch nicht angekommen, wie eine Studie der FernUniversität in Hagen zum Fernunterricht an Schulen und Fernlehre an Hochschulen zeigt. Die Bildungsteilhabe in der Corona-Krise ist massiv gefährdet.
Anfang April startete die offene Online-Umfrage zum Unterrichten und Lehren an allgemeinbildenden Schulen und Hochschulen in der Corona-Krise. Inzwischen werden fortlaufend Ergebnisse auf der Projektseite der Studie zur "Professionalität und Bildungsgerechtigkeit in der Krise" (ProBiKri-Studie) veröffentlicht. Zusätzlich werden vertiefende Interviews mit Lehrerinnen, Lehrern und Hochschullehrenden ausgewertet.
Unterricht und Lehre trotz Shutdowns
Ergebnisse der Studie zeigen: 14,7 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen führen während des Shutdowns keinen Unterricht mehr durch, an (Fach-)Hochschulen sind es lediglich drei Prozent. "Als wesentlichen Grund für den Ausfall von Unterricht und Lehre in der Corona-Krise geben die Befragten die fehlende technische und mediendidaktische Unterstützung an", fasst Projektleiterin Prof. Dr. Julia Schütz, Leiterin des Lehrgebiet Empirische Bildungsforschung, zusammen.
Medieneinsatz während des Lockdowns
Trotz fehlender technischer und mediendidaktischer Unterstützung treibt Corona die Digitalisierung im Bildungsbereich voran. Lehrerinnen und Lehrer an Schulen sowie Lehrende an (Fach-)Hochschulen greifen bei der Umsetzung ihrer Lehre verstärkt auf unterschiedliche Medien und Tools zurück. Häufigstes Kommunikationsmittel sind dabei eMails. "Das wirft die Frage auf, welche Aspekte eines persönlichen Austausches im pädagogischen Alltag verloren gehen", sagt Julia Schütz.
Einsatz analoger Lernmaterialien trotz Schulschließungen
Besonderheit im schulischen Bereich ist der häufige Einsatz von analogen Arbeitsblättern, Arbeitsheften, Büchern und Texten trotz der Schulschließungen. Rund 40 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer halten daran fest. Als Erklärung führen sie an: Es könne nicht vorausgesetzt werden, dass alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen über einen Computer- oder Internetzugang verfügen. Auch ein Drucker sei Voraussetzung zum Ausdrucken digital vermittelter Arbeitsblätter.
Darüber hinaus könne die Unterstützung der Schülerinnen und Schüler seitens der Eltern nicht flächendeckend vorausgesetzt werden. Ein weiterer Befund der Studie aus der Interviewerhebung zeigt, dass Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern Arbeitsblätter und Texte auf postalischem Wege zugesandt oder persönlich vorbeigebracht haben, um sicherzustellen, dass diese die Print-Materialien erhalten und Rückfragen stellen können.
Im Gegensatz dazu setzen nur wenige Hochschullehrende auf analoge Materialien im Zuge des Corona-Semesters. "Ein weltweit verteiltes Informationsangebot mit der Möglichkeit eines digitalen Zugriffs ersetzt im Hochschulbereich die Notwendigkeit von Printformaten", erklärt Schütz.
Virtuelle Präsenz in Schule und Hochschule
Wie Lehrkräfte die unvorhergesehene Umstellung von Unterricht und Lehre in der Corona-Krise erlebt haben, geht auch aus der deutschlandweiten Interviewerhebung hervor. Zwischen Mai und Ende Juli wurden in unterschiedlichen Bundesländern insgesamt 24 problemzentrierte Interviews mit Lehrenden an (Fach-) Hochschulen und Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen geführt.
Neben der Fortführung des Unterrichts waren die Lehrkräfte auch persönlich von den Einschränkungen betroffen und standen zum Beispiel vor der Herausforderung, die Arbeit mit der gesamten Familie im Homeoffice zu organisieren. Festgestellt wurde darüber hinaus eine in beiden Bildungsbereichen vorhandene Unsicherheit insbesondere zu Beginn der Umstellung der Lehre bzw. des Unterrichts – auch weil ausreichende Informationen und Unterstützung fehlten.
Infos zur Onlinebefragung
Die offene Onlinebefragung der Studie "Professionalität und Bildungsgerechtigkeit in der Krise" (ProBiKri) fand zwischen Anfang April und Mitte Mai 2020 statt, das heißt unmittelbar nach den bundesweiten Schulschließungen und der Verschiebung des regulären Semesterstarts an vielen Hochschulen.
An der Umfrage nahmen 793 Personen teil. Hiervon waren 429 Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen (54,1 Prozent) und 364 Lehrende von (Fach-)Hochschulen (45,9 Prozent). Das durchschnittliche Alter liegt bei den Lehrerinnen und Lehrern bei 43 Jahren und bei den Lehrenden an (Fach-)Hochschulen bei 42 Jahren.