Arbeitsprozessorientiert: KOLA-App im Härtetest
Saarbrücken, April 2016 - "Was ihr in der Berufsschule lernt, ist doch nicht praxisrelevant." Diese Aussage hört man häufiger von Ausbildern in Betrieben. Berufsschullehrer sehen das natürlich anders. Wie die Kooperation zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb verbessert und stärker an der späteren Berufspraxis orientiert werden kann, erforschen und erproben wir gemeinsam mit unseren Partnern im Projekt KOLA – Kompetenzorientiertes Lernen im Arbeitsprozess mit digitalen Medien. Ziel ist es auch, die Ausbildung für die Azubis attraktiver zu gestalten.
Multimediale Dokumentation von Arbeitsaufträgen
Ein zentrales Mittel, um diese Ziele zu erreichen, ist die von uns in den vergangenen Monaten entwickelte KOLA-Anwendung. Mittels dieser App können Auszubildende im Elektrohandwerk direkt auf der Baustelle ihre Tätigkeiten multimedial dokumentieren. Treten während der Bearbeitung eines Arbeitsauftrages auf der Baustelle Probleme auf, können sie mit dem Smartphone auf Lernmaterialien und Informationen zugreifen, die sie bei der Problemlösung unterstützen.
Der pädagogische Mehrwert ist, dass die Auszubildenden aktiv aufgefordert werden, die eigenen Tätigkeiten zu reflektieren und Probleme zu benennen. Für den Ausbilder, der auf die Dokumentation des Azubis zugreifen kann, wird so transparent, wo die Herausforderungen liegen – auch wenn er nicht selbst mit auf der Baustelle ist. Anschließend kann er mit den Auszubildenden gezielt das Gespräch suchen.
Außerdem kann der Ausbilder in der KOLA-Anwendung einen Arbeitsauftrag vor der Zuweisung an den Auszubildenden strukturieren. Einzelne Arbeitsschritte können so klarer vermittelt werden. Zudem kann er dem Arbeitsauftrag zusätzliche Informationen wie Schaltpläne oder Montageanweisungen als digitale Lernmaterialien zuordnen. Damit hat der Azubi alles notwendige Wissen an einem Ort.
Lernortkooperation
Ein weiterer Mehrwert dieser digitalen Dokumentation durch den Auszubildenden ist, dass auch die Berufsschullehrer in der KOLA-Anwendung Zugriff auf die Dokumentationen haben. So können sie die Aufgaben ihrer Azubis im Betrieb sehen und im Unterricht darauf Bezug nehmen. In umgekehrter Weise dokumentieren die Azubis auch ihre schulischen Lernaufgaben, worüber sich dann die Ausbilder informieren können. Im Elektrohandwerk gibt es zusätzlich die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung an den Handwerkskammern, die als dritter Lernort ebenfalls die KOLA-App nutzen kann. So ist sichergestellt, dass jeder Lehrende im Ausbildungsprozess immer aktuell über den Wissensstand des Azubis informiert ist.
Der Kultusminister des Saarlandes gibt den Praxistest frei
Nachdem der saarländischen Bildungs- und Kulturminister Ulrich Commerçon im Dezember den Startschuss zur Erprobungsphase gegeben hat, nutzen aktuell Auszubildende aus zwölf Handwerksbetrieben die KOLA-Anwendung sowohl im Betrieb als auch in der Berufsschule.
Das Konzept und die dazu entwickelte App werden also einem echten Härtetest unterzogen. Erfreulich: Auf technischer Ebene gibt es bisher kaum Probleme. Welche Erfahrungen alle Beteiligten gemacht haben und wo sie Potenziale zur Verbesserung und Weiterentwicklung sehen, wird in den nächsten Wochen erhoben. Parallel dazu wird die Gestaltung der App in einer sogenannten heuristischen Evaluation durch Usability-Experten überprüft.
Das Projekt KOLA – Kompetenzorientiertes Lernen im Arbeitsprozess mit digitalen Medien wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01 PD 14001C und des Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union (ESF) gefördert.
Projektpartner in KOLA sind:
- httc e.V.
- Handwerkskammer des Saarlandes
- Fachgebiet Pädagogik – TU Kaiserslautern
- Instituts für Technologie und Arbeit e.V. (ITA)