"Die Online-Nachhilfe ist unser Sorgenkind"
Karlsruhe/Braunschweig, August 2009 - Auch wenn sich der Trend in den USA und in Asien zügig entwickelt - auf dem deutschen Markt ist Online-Nachhilfe noch immer ein zartes oder gar kränkelndes Pflänzchen. Dies zeigen die recht ernüchternden Erfahrungsberichte zweier Pioniere. Der
Minilernkreis und online-nachhilfe.net haben unterschiedliche Konsequenzen gezogen.
Minilernkreis heißt der Anbieter mit Sitz in Karlruhe, der im Franchise-System nach eigenen Angaben zwischen 7.000 und 8.000 Kinder mit Nachhilfe versorgt. Gründer Dieter Adam versucht seit anderthalb Jahren darüber hinaus, schwache Schüler per Internet coachen zu lassen. "Aber die Online-Nachhilfe ist unser Sorgenkind", erklärt er. Von einem Durchbruch oder spürbaren Umsätzen sei man weit entfernt. Gerade 15 Lehrer habe er im Einsatz, die über Skype und Webcam Nachhilfe erteilten. Dabei sei er stolz gewesen auf die Software, die minutengenau abrechne.
Mindestens eine halbe Stunde muss sich der Schüler mittels einmal vergebener ID einloggen, das kostet 13 Euro. Die wenigen Nutzer freilich waren begeistert, anfangs so sehr, dass sie munter drauflos buchten. Als die Abrechnung kam, "haben einige Eltern fast einen Schlag bekommen." Damit dies nicht mehr passiert, müssen nunmehr alle vier Nachhilfe-Stunden die Eltern ihr OK geben, dass es weitergehen darf.
Auch der Anspruch, automatisch innerhalb von einer Stunde bei dringenden Fragen Support zu vermitteln, ist zu den Akten gelegt. "Dafür brauchten wir noch kein System aufzusetzen. Wir kontaktieren bei einer Anfrage den Lehrer und dieser setzt sich wiederum telefonisch mit dem hilfesuchenden Schüler in Verbindung. Das geht auch sehr schnell."
Dieter Adam über Online-Nachhilfe: "Das ist längst noch kein Boom. Vielleicht sieht die Sache in ein oder zwei Jahren anders aus."
Ähnliche Erfahrungen hat Dr. Björn Benken aus Braunschweig gemacht. Er hat seine Konsequenzen daraus gezogen. Seine Websites www.online-nachhilfe.net und mathepartner.de sind nicht mehr aktiv und verkünden nur noch, zuviel bezahlte Beiträge zurückerstatten zu wollen. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und Internet-Experte: "Es gab verschiedene Probleme. Die Nachfrage war längst nicht so wie erhofft. Auch technische Schwierigkeiten spielten eine Rolle."
Manchmal reichte es, wenn der Hilfesuchende auf seinem heimischen PC ein Programm geöffnet hatte, das mit der Software des Anbieters irgendwie nicht kompatibel war. Dies findet er schade, denn besonders Mathepartner war ein anspruchsvolles Produkt, bei dem Lehrer und Schüler in Echtzeit ein Whiteboard nutzten, das auf dem Bildschirm zu sehen war.
Benken: "Wir wollten etwas Besonderes bieten bei der Qualität und hatten darum auch hochkarätige Nachhilfe-Lehrer." Aber gerade auf Schüler-Seite diente Online-Nachhilfe ihm zufolge oft nur als Notnagel nach dem Motto: "Huch, morgen schreibe ich eine Mathe-Arbeit." Auch Eltern hätten keine mittelfristige Ziele erkennen lassen. Denn Nachhilfe über das Internet bedeute ja nicht, dass irgendetwas von allein passiert oder ein Kind dabei nicht begleitet werden muss.