Pro - kaum Contra

Marketing- und Methodenmix: Webinare als feste Größe

Köln/Berlin, November 2010 - (von Prem Lata Gupta) Webinare sind nicht sexy, sondern nützlich. Sie werden im wissenschaftlichen Bereich genutzt, vor allem aber als Marketing-Instrument - nicht nur in der eLearning-Branche. Webinar, als Seminar im Netz: dazu kommen internetbasierte Tools wie Chat, Whiteboard oder die Möglichkeit abzustimmen. Ob diese genutzt werden, hängt von der Teilnehmerzahl ab und davon ob der Referent über eine gewisse Technik-Affinität verfügt. Dass die Veranstaltung mitunter schlicht gerät, macht den Anbietern anscheinend wenig aus. Kein Wunder, denn die Erwartungen sind höchst unterschiedlich.




Fest steht: Für den Anbieter haben Webinare handfeste Vorteile. "Wir erleben eine mittelgroße, homogene Gruppe von Interessenten, die sich gezielt zu einem Thema oder einem Produkt anmelden. Da entstehen wenig Streuverluste wie bei so manch anderer Marketing-Maßnahme", erklärt Jörg Geulen von TTS. Er verweist darauf, dass die Teilnahmerzahlen jedes Jahr zweistellig wachsen, in Zahlen ausgedrückt: 40 bis 80 Personen loggen sich jedes Mal ein. 50 Prozent seien neue Interessenten, 50 Prozent seien Bestandskunden.


TTS setzt seit zwei Jahren jeweils auf Frühjahr- und Herbstkampagnen. Aktuell geht es um Themen wie Entwicklung von professionellen und individuellen WBTs oder auch Changemanagement. Nach der Session stellt sich schnell heraus, ob ein Teilnehmer zum Kunden wird. Doch die Ausbeute scheint zu stimmen. Geulen: "Der Return ist da, ganz klar."

Deutschland liegt gegenüber den USA etwa drei Jahre zurück


Verkaufen will auch der deutsche Ableger des US-Unternehmens Outstart. Dennoch, hier lautet der realistische Ansatz, erst einmal das richtige Klima schaffen zu müssen. Das ist gemeint, wenn Geschäftsführer Matthias Schulz von "aufschlauen" spricht. "Wir wollen dem Kunden nicht nur etwas verkaufen, sondern auch klar machen, wie und ob ihm eine Lösung von uns nutzt."


Die Webinare von Outstart beziehen sich nicht immer auf Produkte, manchmal sponsert das Unternehmen einfach auch Online-Seminare, bei denen etwa der Lernanalyst Bryan Chapman den Forscher für mobiles Lernen, A.J. Ripin, interviewt. Mattias Schulz sagt, dass Webinare in Deutschland noch immer kein sehr vertrautes Tool sind. "Gegenüber den USA hinken wir drei Jahre hinterher. Hier fragen manche Teilnehmer besorgt, ob ihre Wortmeldung etwa aufgezeichnet wird."


Webinar als akademisches Online-Event



Das Thema ist wichtig, dazu einen Referenten zu finden, steht im Vordergrund, betont Anne Thillosen. Sie organisiert und moderiert Webinare für e-teaching.org. Das eLearning-Hochschulportal bietet schon seit vier Jahren Online-Veranstaltungen an. Nicht alle Vortragenden haben bereits Erfahrung mit Webinaren. Dass sie aus eigenem Antrieb zusätzliche Funktionen wie beispielsweise das Abstimmungstool nutzen wollen, kommt eher selten vor.


In der Regel dauern hier die Veranstaltungen - genannt "Online-Event" - 30 Minuten. Danach finden Chatrunden statt, bei denen die bis dahin gesammelten Fragen bearbeitet werden. Oft ergeben sich dabei noch intensive Diskussionen. Immerhin, zwischen 70 und 120 Zuhörer loggen sich pro Veranstaltung ein, viele auch regelmäßig.


Ebenfalls häufig werden auch die Aufzeichnungen der Events abgerufen. Dass sich beim Abspielen der Aufzeichnung im Verlauf des Vortrags Ton und Bild sukzessive verschieben, nehmen die meisten in Kauf. Dies sei ein Nachteil der Plattform, ja, "aber es gibt auch viele Vorteile", so Anne Thillosen, "zum Beispiel das einfache Handling und dass niemand zusätzliche Plug-ins installieren muss."


Webinar-Referenten müssen bestens vorbereitet sein


Wenn es hakt, ist oft ist der Ton betroffen, so die Erfahrung von Claudia Musekamp. Sie hat ein Buch verfasst mit dem Titel "Webinare für Einsteiger". Als Inhaberin der Firma Infoport schult sie unter anderem Trainer, auf dass diese ihre Online-Seminare besonders attraktiv gestalten. "Ein Webinar muss man noch viel intensiver vorbereiten als ein Präsenz-Seminar" erläutert die eLearning-Expertin.


Spontane Einfälle lassen sich im echten Klassenraum leichter unterbringen, online muss eine Folie vorbereitet sein. Die Teilnehmer sind schwieriger bei der Stange zu halten. "Deshalb ist es gut, alle fünf Minuten Fragen zu erörtern oder eine andere interaktive Variante zu nutzen. Ihre Warnung: "Die nächste Ablenkung ist nur einen Klick weg. Als Präsenztrainer möchte man ja auch nicht, dass die Leute aufstehen und einfach den Raum verlassen."


Die technischen Möglichkeiten wachsen



Grundsätzlich haben sich die technischen Möglichkeiten verbessert. "Heute zeigen wir auch mal etwas live, das haben wir uns früher wegen der Übertragungsraten gar nicht getraut. Oder wenn die Gruppe klein ist, machen wir gleich die Leitungen auf", berichtet Kerstin Stengel, Marketing Managerin bei SkillSoft. Sie hat kein Problem damit, dass Webinare oft etwas schmucklos wirken.


"Wir liefern Fachwissen und stellen uns als Berater dar. Die Teilnehmer wollen eine Information und die bekommen sie auch," so Stengel. Ein gutes Zeichen sei, wenn hinterher Nachfragen kommen und sich Interessenten die Veranstaltung noch einmal ansehen wollen. "Das ist wichtig - und nicht dass wir andauernd ein Tänzchen aufführen."