Qualitätssteigerung

Spielerisch ein neues Kulturverständnis erwerben

München, März 2011 - Im Rahmen der "Serious Games Conference 2011", die während der CeBIT in Hannover stattfand, präsentierte Arne Kaiser erstmals das "Universe of Culture", an dem das Unternehmen Forty Games derzeit arbeitet. Das Multiplayer-Game soll als Bestandteil von Blended Learning Szenarien ab 2012 die Schulung interkultureller Kommunikation beflügeln und vertiefen. CHECK.point eLearning sprach mit Arne Kaiser über die Vorzüge dieses Konzepts.




Wieso eignet sich ein Serious Game besonders für das Training von Inhalten der Interkulturellen Kommunikation? Was macht die Vermittlung dieses Themengebiets so anders oder besonders?

Arne Kaiser: Kultur ist ein sehr vielschichtiges Gebilde, von dem wir kaum etwas wirklich bewusst wahrnehmen. Vielmehr nehmen wir oft nur verschiedene Ausprägungen wahr, die nur einen kleinen Bruchteil dessen darstellen, was eine Kultur tatsächlich ausmacht, ähnlich der Spitze eines Eisberges. Da wir den Rest des Eisberges aber nicht kennen, interpretieren wir diesen Bruchteil oft falsch und auf Basis unserer eigenen kulturellen Prägung. Hinzu kommt, dass Kultur kein starres Konstrukt ist und sich selbst bei Angehörigen desselben Kulturraums stark unterscheiden kann. Das macht Kulturen schwer greifbar und begreifbar.


Viele Teilaspekte von Kulturen, wenn es beispielsweise um spezielle Verhaltensmuster geht, können sehr einfach durch klassische Informationsweitergabe erlernt werden. Wenn ich Ihnen beispielsweise sagen würde, dass man im "deutschen" Kulturraum allgemeingroßen Wert auf Pünktlichkeit legt, dann können Sie sich schnell danach verhalten.


Das geht dann so lange gut, bis Sie vor ein Problem gestellt werden, auf das Sie nicht vorbereitet wurden. Und in den meisten Fällen merken Sie nicht einmal, dass Sie vor einem Problem bzw. einem großen Fettnäpfchen stehen. Das bedeutet, dass das reine Auswendiglernen bestimmter Verhaltensmuster Sie nur bedingt auf fremde Kulturen und die Kommunikation und Interaktion mit Angehörigen anderer Kulturen vorbereitet.


Was erreicht werden muss ist eine grundsätzliche Wahrnehmung und ein Verständnis von Kultur an sich, welche es Ihnen ermöglicht sich eigenständig in einem fremden Kulturraum zu bewegen, die möglichen Fettnäpfchen zu erkennen und sich selbst eine adäquate Verhaltensweise zu erschließen. Dafür gibt es keine Norm und keine "richtige" Verhaltensweise an der man sich entlang hangeln kann. Hier hilft nur Erfahrung und ein gewisses Maß an Empathie.


An dieser Stelle kommen jetzt Serious Games ins Spiel. Sie ermöglichen erfahrungsbasiertes Lernen durch Interaktion und Kommunikation - im besten Fall sowohl alleine als auch in der Gruppe. Damit können im Vorfeld erste Erfahrungen in der Kommunikation mit fremden Kulturen trainiert und eine grundlegende Kultursensibilisierung geschaffen werden.

Forty Games arbeitet derzeit an einem ganz speziellen interkulturellen Training, das 2012 fertig werden soll.
Was können Sie heute schon über das Konzept und das Storyboard sagen?

Arne Kaiser: Sehr viel, aber ich werde versuchen mich kurz zu fassen und nur auf die wichtigsten Punkte eingehen. "Universeof Culture", so heißt unser Serious Game, ist vom Spiel-Genre her als ein "Multiplayer Science-Fiction-Adventure" von etwa zehn Stunden Dauer konzipiert, da sich hiermit am besten Kommunikation und Interaktion trainieren lassen - vor allem auch mit anderen Nutzern zusammen, da Hörensagen ein wichtiger Bestandteil der Erfahrung von Kultur ausmacht.


Die Rahmenkonzeption basiert auf der Erreichung eines "Stealth-Learning-Effekts", bei dem der Nutzer sich nicht mehr direkt bewusst ist zu lernen, sondern vollkommen in die Trainingswelt und die Materie eintaucht, also in einen Zustand des "Flow" kommt. Dazu haben wir eine radikale Abstraktionsebene gewählt und die Trainingswelt als futuristisch gestaltet, mit Raumschiffen, Außerirdischen und vielem mehr. Der psychologische Effekt dahinter ist, dass der Nutzer nicht laufend daran erinnert wird, dass er etwas lernen muss, sondern sich in einer fiktiven Welt bewegt, was seine Neugier und seine Motivation fördert - und somit letztlich zu einer gesteigerten Trainingsleistung und einigen weiteren Vorteilen führt.


Die Geschichte die der Nutzer erlebt ist analog zu dem didaktischen Aufbau entwickelt und unterstützt dadurch den Trainingsverlauf, wobei wir bewusst Spielziele und Trainingsziele von einander entkoppelt haben und mit einem vielfältigen Belohnungssystem ausgestattet haben.


Die Geschichte an sich ist folgende: In der Zukunft fliegen die Menschenzu anderen Sternensystemen und suchen dort, natürlich, nach außerirdischem Leben- bisher aber ohne Erfolg. Ein Forschungsschiff der Menschen ist gerade auf dem Weg zu einem unerforschten Planetensystem, als ein Vorfall die Besatzung zwingt das Schiff zu verlassen. In einer Rettungskapsel finden sich sechs Besatzungsmitglieder - die Spieler - wieder, die dann von einem fremden Schiff aufgenommen und zu einer großen Raumstation gebracht werden, auf der viele verschiedene außerirdische Völker leben.


Gerade als sie ankommen und gerettet scheinen wiederholt sich der Vorfall aber auch auf der Raumstation und die Menschen werden beschuldigt daran schuld zu sein. Sie erhalten dann aber die Möglichkeit ihre Unschuld zu beweisen und die drohende Gefahr von der Raumstation abwenden. Um das zu erreichen müssen sie sich mit den verschiedenen Völkern vertraut machen und in diesen neuen Kulturräumen lernen zu interagieren...


Wer hatte die Idee dazu?


Arne Kaiser:
Ich habe früher im Rahmen meines BWL-Studiumsan der Universität Erlangen-Nürnberg interkulturelles Management studiert und bin in engem Kontakt zu dem Lehrstuhl für Internationales Management und der Lehrstuhlausgründung Global Management Competence geblieben. Irgendwann kam dort die Idee auf ein interkulturelles eLearning zu entwickeln. Ich habe sie dann von den Vorzügen eines Serious Game überzeugt und vorgeschlagen, dass Forty Games es entwickelt.


Wie würden Sie die konkreten Lernziele Ihres Serious Game benennen und an welche Zielgruppen richtet es sich?

Arne Kaiser: "Universe of Culture" hat die Zielsetzung eine grundsätzliche Kulturwahrnehmung zu schaffen und für Kultur im Allgemeinen zu sensibilisieren. Das bedeutet, dass wir den Nutzer befähigen wollen sich schneller eigenständig in einem fremden Kulturraum zurechtzufinden und Phänomene wie Kulturschocks oder Stolpersteineund Probleme in der interkulturellen Kommunikation - die zwangsläufig und immer auftauchen werden - abzuschwächen.


Die Zielgruppe, von der Nutzerseite her betrachtet, sind vorrangig Mitarbeiter von Unternehmen und Organisationen, die auf mehrjährige Auslandsaufenthalte oder für eine internationale Geschäftstätigkeit vorbereitet werden sollen. In zweiter Linie natürlich auch Studenten und andere Nutzergruppen, die von beruflicher oder privater Seite aus in interkultureller Kommunikation geschult werden sollen oder sich selber trainieren wollen.


Verspricht der Einsatz von Serious Games im Interkulturellen Trainingsbereich eine Qualitätssteigerung?


Arne Kaiser:
Auf jeden Fall! Es wäre falsch zu behaupten, dass ein Serious Game, speziell im interkulturellen Trainingsbereich, alle Aspekte abbilden kann und allen anderen Trainingsformen überlegen ist. Aber es bietet einige Vorteile und Mittel, die andere Trainingsformen aufgrund funktionaler, inhaltlicher, zeitlicher oder monetärer Punkte in Umfang und Ausgestaltung einfach nicht abbilden können. Deshalb ist ein Serious Game aus unserer Sicht hier nicht als alleinstehende Insellösung zu betrachten, sondern sollte immer eingebettet sein in ein schlüssiges Blended-Learning-Konzept zusammen mit Präsenztrainings und anderen Trainingswerkzeugen.


Was man aber speziell im interkulturellen Trainingsbereich nicht vergessen darf ist, dass kein Training der Welt so gut auf Kulturen und die Kommunikation mit fremden Kulturen vorbereiten kann, dass keine Fehler, Probleme oder Missverständnisse mehr auftreten werden. Dafür ist Kultur zu umfangreich und zu individuell. Was ein Training allerdings machen kann ist das Risiko solcher Fehler und Missverständnisse auf ein Minimum zu reduzieren, indem es Strategien und Lösungen aufzeigt und Mittel und Wege an die Hand gibt sich selbst in einer fremden Kultur zurechtzufinden. Und hierfür sind Serious Games optimal geeignet.