Förderpolitik

ELearning-Anstösse in Thüringen

Prof. Dr. phil. Walter Bauer-WabneggWeimar, August 2005 - Thüringens Staatssekretär, Prof. Dr. phil. Walter Bauer-Wabnegg, hat die Schirmherrschaft über die diesjährige eLearning-Sommerakademie in Jena übernommen. Den Anlass nutzend, erkundigte sich Annett Zobel nach seinen Ansichten über die Zukunft der Neuen Medien, die Förderpolitik und das jüngst geschlossene Public-Private-Partnership-Abkommen zwischen Microsoft und dem Bundesland Thüringen.




Sie sind seit Mitte letzten Jahres Staatssekretär im Thüringer Kultusministerium und dort verantwortlich für Wissenschaft, Hochschulen, Kunst, Kultur, Kirchenangelegenheiten sowie teilweise für Medien. Auch schon als Rektor der Bauhaus-Universität Weimar haben Sie sich für die Einführung Neuer Lernmedien engagiert. Was müssen Ihrer Meinung nach aktuelle Arbeitsschwerpunkte der Politik sein, um den Einsatz neuer Medien in der Bildung zu fördern?

Prof. Walter Bauer-Wabnegg: Es geht zum einen um die Gestaltung inhaltlicher Konzepte zur Wissensvermittlung über Medien - Stichwort "Medienkompetenzvermittlung" - an Kindertageseinrichtungen, an allgemeinbildenden Schulen, berufsbildenden Schulen, Hochschulen und Universitäten. Inhaltliche Vorgaben geben die Lehr- und Kurspläne sowie die Studienordnungen.

Zum Zweiten geht es um die Gestaltung des organisatorischen Rahmens, um den bewussten, regelmäßig wiederkehrenden Einsatz von Medien als Grundlage für lebenslanges Lernen zu fördern. Dazu gibt es Förderprogramme zur Verbesserung der Ausstattung der Schulträger oder Projekte zur Standortentwicklung (z.B. "getup").

In Thüringen stehen für den Einsatz Neuer Medien in der Hochschullehre seit 2001 jährlich Mittel in Höhe von etwa einer Million Euro aus dem Hochschul- und Wissenschaftsprogramm zur Verfügung. Im Jahr 2006 werden eLearning-Projekte in Thüringen voraussichtlich letztmalig über dieses Programm gefördert, so dass im Moment konkrete Vorgaben für den nachhaltigen Einsatz bestehender Entwicklungen erarbeitet werden. Folgerichtig liegen die Schwerpunkte für das Jahr 2006 auf der Anbindung der eingesetzten eLearning-Anwendungen an HIS-Systeme bzw. an die Verwaltungsstrukturen zur Reduktion des Verwaltungsaufwandes bei der Einführung modularisierter Studiengänge,

  • der Festigung der Nachhaltigkeit der geförderten Vorhaben und
  • der Integration bestehender Multimedia-Anwendungen.

Vom Thüringer Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst - jetzt Thüringer Kultusministerium - wurde zu Beginn des Hochschul-Wissenschaftsprogramms ein landesweiter Arbeitskreis ins Leben gerufen. Er

  • erarbeitet Förderschwerpunkte,
  • bewertet die Projektanträge und
  • spricht auf dieser Grundlage Förderempfehlungen an das Ministerium aus.
  • Schließlich begleitet er die aktuell geförderten Projekte.

Mitglieder in diesem Arbeitskreis sind Vertreter des Kultusministeriums und Vertreter aller Thüringer Hochschulen.

Ein weites Handlungsfeld ist die Unterstützung von Netzwerken und Kooperationen, z.B. zwischen Hochschulen und Schulen oder zwischen Bildung und Wirtschaft. Ein Beispiel zur Förderung der Verbindung von Bildung und Wirtschaft in Thüringen ist die Unterstützung der Plattform "Futhuer" der FH Schmalkalden. Diese aktive Plattform unterstützt die Anbahnung von Kontakten zwischen Absolventen der FH und der Wirtschaft zur gezielten Jobsuche.


Der Aufbau solcher funktionierender Netzwerke und Kooperationen ist sehr aufwendig. Es kommt hier darauf an, engagierte Personen und innovative Projekte zu fördern. Oft werden kleine, wenig gegossene Pflänzchen unverhofft zu blühenden Gärten, während reichlich gepflegte Saat manchmal nicht aufgeht. Politik kann mit Programmen und Initiativen Möglichkeiten auftun, aber entscheidend sind engagierte Personen und innovative Projektarbeit.

Kürzlich war auf heise.de zu lesen, das Microsoft und Thüringen eine Partnerschaft eingegangen sind. Ist dies eine solche Kooperation? Welche konkreten Aktivitäten sind geplant?

Prof. Walter Bauer-Wabnegg: Vorrangiges Ziel der Kooperationsvereinbarung ist es, gemeinsam durch Bildungs- und Innovationsprojekte zur Beschäftigungs- und Standortsicherung in Thüringen beizutragen. Sie greift ausgewählte, für Thüringen besonders interessante Aktionslinien der Microsoft-Initiative "Wissenswert" auf. Die Aktionslinien sind vor folgenden Hintergründen ausgewählt worden:

  • der Verbesserung der Medienerziehung an Kindertagesstätten;
  • der Beförderung von Fremdsprachenkenntnissen mit Hilfe neuer Medien an Grundschulen;
  • einer generell verbesserten Ausstattung von Schulen durch besondere Konditionen beim Kauf der Software;
  • der Beförderung von Gründerinitiativen an Hoch- und Fachschulen; z.B. hat Microsoft die Patenschaft für die Gründerwerkstatt "neudeli" der Bauhaus-Universität Weimar übernommen und unterstützt Teams bei der Gründung von Innovations-Unternehmen.

Um erfolgreich Neue Medien in der Bildung zu etablieren muss das Lehrpersonal mit Neuen Medien vertraut sein. Welche Weiterbildungsangebote stehen in Thüringen zur Verfügung und wo sehen Sie Handlungsbedarf?

Prof. Walter Bauer-Wabnegg: Für die Thüringer Lehrerfortbildung engagiert sich das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien. Im Hochschulbereich existieren zahlreiche Weiterbildungsangebote, die wir im Bildungsportal Thüringen zusammengefasst haben. Die Hochschulen selbst weisen auch auf ihren eigenen Internetseiten auf ihre Weiterbildungsangebote hin.

Neben solchen Weiterbildungsangeboten ist es die Aufgabe von Lehrpersonal, lebenslanges selbstorganisiertes Lernen der nächsten Generation vorzuleben. Informationsquellen zu Neuen Bildungsmedien sind z.B. im Internet und in öffentlichen Bibliotheken häufig kostenlos verfügbar. Primär sollen Weiterbildungsangebote diese verdichtet und als Einstiegswissen anbieten. Weiterbildung kann bei raschen Innovationszyklen von Neuen Medien nicht fortlaufend den Weiterbildungsbedarf abdecken - dies wäre im Sinne staatlich finanzierter Fortbildung nicht bezahlbar.

Politik muss insbesondere Pilotprojekte initiieren, die durch eine Anfangsförderung mittelfristig selbständig werden. Das ist in der Fortbildung von Lehrpersonal schwieriger als in anderen Gebieten, aber z.B. durch von der Nutzeranzahl personal-unabhängige Informations- und Bildungsangebote möglich. Dies können beispielsweise Wissensportale und eLearning-Angebote sein. Digitale Angebote können klassische Weiterbildung natürlich nicht gänzlich ersetzen.

Sie sind Schirmherr der eLearning-Sommerakademie? Dies ist ein Weiterbildungsangebot, welches kostenpflichtig ist - und sicher eher unerschwinglich als privat von Lehrenden selbst zu finanzierende Weiterbildung.

Prof. Walter Bauer-Wabnegg: Ersteres ist richtig, letzteres nicht ganz. Die eLearning-Sommerakademie ist ein Kooperationsprojekt zwischen mehreren Thüringer Hochschulen und wird von einem Spin-off-Unternehmen organisiert und vorfinanziert. Bei diesem Unternehmen handelt es sich genau um so ein Projekt, welches mit staatlicher Starthilfe anfänglich gefördert wurde und nun selbständig tätig ist.

Hochschule und Politik haben sich in diesem und anderen Fällen bewusst für ein Outsourcing-Modell entschieden. Dies bedeutet natürlich auch, dass die Leistungen - hier ein Weiterbildungsangebot - durch Einnahmen zu finanzieren sind. Die eLearning-Sommerakademie stellt aber Thüringer Lehrern zwei kostenfreie Kursplätze zur Verfügung. Einer davon wird von einem Mitarbeiter des ThILLM genutzt und somit geht das Wissen wiederum in die Lehrerfortbildung ein. Daneben haben die meisten - auch die staatlichen - Institutionen ein Weiterbildungsbudget.